Die Scania-Chronik
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Von Christoph Büch und Steve St.Schmidt (Berlin 2023)
Serie 3 ab 1988:
"Streamline“ als Option
Im Jahr 1988 änderte sich äußerlich nur wenig: Links neben dem rechten Scheinwerfer (von außen gesehen) stand nun die Motorleistung in PS. Bei den Fahrzeugen der Serie 2 hatte man dort nur bei den Spitzenmodellen ein „V8“-Logo angebracht, um auf den prestigeträchtigen großen Motor hinzuweisen.
Technisch punktete die Serie 3 jedoch mit weiterentwickelten Fahrzeugen, neuen Motoren und Getrieben sowie einer verbesserten Innenausstattung. Nach und nach wurden die Motoren mit elektronisch gesteuerter Einspritzung versehen. Das System, das Scania als einer der ersten Hersteller entwickelt hatte, hieß Electronic Diesel Control (EDC). Der große V8-Motor wurde auf 470 PS verstärkt und für den Fernverkehr gab es nun ein Top-Line-Fahrerhaus mit größerer Innenhöhe.
1989 stieg die Motorleistung des Spitzenmodells auf bis zu 470 PS und die Baureihe 3 wurde zum „Truck of the Year“ gewählt, den zweiten Platz belegte der Mercedes SK.
Im Fernverkehr verlor der 14-Liter-V8 allmählich an Bedeutung. Der annähernd gleich starke, aber sparsamere und 200 Kilogramm leichtere Sechszylinder trat an seine Stelle. Der V8 blieb dennoch erste Wahl für höhere Tonnagen in Skandinavien und Italien sowie für Schwertransporte. Um den Abstand zum Sechszylinder zu wahren, steigerte Scania die Leistung des V8 im Jahr 1991 auf 500 PS.
Unter der Bezeichnung „Streamline“ gab es ab 1992 auf Wunsch eine luftwiderstandsoptimierte Variante der R-Fahrerhäuser der Modelle 113 und 143. Das kantige Äußere der Baureihen 2 und 3 erhielt durch die Frontgestaltung mit abgerundeten Karosserieecken und fünf gleich breiten horizontalen Öffnungen ein weniger aggressives Erscheinungsbild. Zusammen mit serienmäßigen Dach- und Unterbodenspoilern führte das neue Design zu einer leichten Verbrauchsreduzierung.
Auch die Haubenwagen bekamen etwas vom Streamlining ab. Statt mit sechs schmalen Querstreben am Kühlergrill kamen sie nun mit vier deutlich breiteren Streben aus. Die neuen Spoiler unter der Stoßstange trugen ebenfalls zum New Look und vermutlich auch zur Kraftstoffersparnis bei.
Anfang der 90er Jahre war Scania mit einer Jahresproduktion von rund 30.000 Fahrzeugen der fünftgrößte Hersteller der Branche. 1992 kam zum Werk im niederländischen Zwolle eine Produktionsstätte in Frankreich hinzu. Weitere Montagewerke entstanden in Polen und Russland. 1993 lief in Brasilien der 100.000 Lkw seit Produktionsbeginn vom Band. Bemerkenswert ist auch, dass die Produktion international weitgehend standardisiert war. So lieferte das brasilianische Werk bei Bedarf Motoren nach Europa und umgekehrt. Die Technik war weltweit kompatibel.
Der Versuch von Scania, die USA als Absatzmarkt zu erobern, war nur mäßig erfolgreich. Nachdem Scania bereits seit den 1950er Jahren Motoren für Industrie- und Marineanwendungen in die USA geliefert hatte, versuchte man 1985 mit der Baureihe 2 dort richtig Fuß zu fassen. Leider wurde nur der 11-Liter-Motor in Verbindung mit Scania-Getrieben angeboten. Der V8 schaffte es zwar in Form von zwei Versuchsfahrzeugen in die USA, aber die amerikanischen Abgasnormen hätten aufwendige Anpassungen erfordert, auf die man verzichtete. Hinzu kam das im Vergleich zu amerikanischen Produkten höhere Eigengewicht der Fahrzeuge. Zudem fehlte ein funktionierendes Händler- und Werkstattnetz. Dies waren wohl die Gründe, aus denen das Engagement von Scania dort nicht von Erfolg gekrönt war. Daran änderte auch die Einführung der Serie 3 nichts. In sieben Jahren wurden rund 750 Lkw verkauft, dann beschloss Scania 1992, sich aus den USA zurückzuziehen, blieb aber mit Motoren präsent. Trotzdem trifft man in den USA gelegentlich auf neuere Lkw der Marke Scania, die einzeln durch „private Importe“ ins Land gekommen sind.