Iowa 80 – Ein Museumsbesuch in den USA

Lkw-Oldtimer am größten Truckstop der Welt

In den USA ist vieles größer als in Europa, angefangen bei den Entfernungen: Die Fläche der EU beträgt rund 4,5 Millionen Quadratkilometer, die der USA 10,5 Millionen. Die Wolkenkratzer sind höher, die Cola-Dosen größer und die Dimensionen der Lastzüge in manchen Bundesstaaten sind in Europa kaum denkbar, außer in Skandinavien. Doch nicht nur die Highways der USA sind voller spannender Fahrzeuge, auch Sammlungen, Museen und die zahlreichen Truck Events lohnen einen Besuch. Unser freier Mitarbeiter Klaus Werblow aus Berlin berichtet in diesem Beitrag vom „Iowa 80 Trucking Museum & World's Largest Truck Stop“ in Walcott, Iowa.

Im Frühsommer 2024 unternahm ich eine Rundreise überwiegend im Nordosten der USA. Nach mehreren Jahren Enthaltsamkeit musste ich mal wieder dicke Motorhauben, große Fahrerhäuser und lange Trailer sehen. Auf den Highways und Truck-Stops wird man ja schon gut bedient. Aber ich wollte mehr. So standen einige Museen, Händler von Trailern und „The ATHS National Convention & Truck Show“ in York, Pennsylvania auf dem Plan. Auch wenn ich mit meiner Frau unterwegs war und deshalb einige Zugeständnisse nötig waren und ein Besuch bei Verwandten eingepasst werden musste, hätte man die Reise auch „Truck in Focus“ nennen können.

Das Hauptereignis sollte aber der Besuch beim „Iowa 80 Trucking Museum & World's Largest Truck Stop“ in Walcott, Iowa sein. Diese Bezeichnung scheint mir nicht übertrieben, zumindest habe ich noch keinen größeren Truck-Stop gesehen. Es soll dort mehr als 900 Truck-Parkplätze geben. Hinzu kommen ausgedehnte Restaurant-, Sanitär- und Shopping-Bereiche. Hält man sich an der einzigen Zufahrtsstraße auf, kommt keine Langeweile auf. Fast pausenlos rollen hier Trucks aus ganz Nordamerika an, andere verlassen das Gelände auf demselben Weg. Allerdings sieht man hier an der Interstate 80 nur die Standardzüge, wie sie auf dem „National Highway System“ Vorschrift sind, das den Vereinigten Staaten von Amerika gehört und von ihnen finanziert wird. Diese Züge dürfen maximal 80.000 pounds (rund 36,3 Tonnen) wiegen. Die Brückenformel ist das Wichtigste, wenn es in den USA um zulässige Fahrzeuggewichte geht. Die Formel fordert bei diesem Gewicht einen 53-Feet-Trailer und insgesamt fünf Achsen. Diese Konfiguration ist von Mexiko bis Kanada erlaubt. Die Einhaltung der Gewichtsgrenzen wird streng kontrolliert, Übergewicht ist sehr teuer. An fast allen Grenzen zwischen den Bundesstaten gibt es Wiegestationen der Polizei. Auch an den Autobahnauffahrten befinden sich Waagen, an denen die Fahrer das korrekte Gewicht ihrer Sattelzüge überprüfen können.

Dieser Mack AK aus dem Jahr 1930 war bis 1969 im Einsatz. Das Modell wurde von 1927 bis 1936 gebaut. Es hatte bereits einen elektrischen Anlasser. Sein Sechszylindermotor, das Vierganggetriebe und der Kettenantrieb ermöglichten eine Höchstgeschwindigkeit von 40 mph (64,4 km/h). Das Fahrzeuggewicht betrug 24.000 amerikanische Pfund (10,88 metrische Tonnen).

Die Bundesstaaten haben zum Teil deutlich abweichende Zulassungsbestimmungen. Wenn man richtig schwere Züge sehen will, muss man auf den “State Highways“ fahren, die den einzelnen Bundesstaaten gehören. Staaten wie Arizona, North und South Dakota, Indiana und andere erlauben schwerere Züge. Mit bis zu elf Achsen und 164.000 pounds (rund 74,4 Tonnen) ist Michigan der Spitzenreiter. Auch die kanadischen Provinzen haben ihre jeweils eigenen Vorschriften. In Ontario oder Saskatchewan, wo auch die längsten Züge verkehren, sind die schwersten erlaubt.

Der Ford CL 9000 COE von 1983 ist ein typischer Vertreter amerikanischer Frontlenker aus der Zeit, als in vielen US-Bundesstaaten noch Längenbeschränkungen zu möglichst kurzen Konstruktionen führten. Seit es diese Restriktionen nicht mehr gibt, sind Frontlenker in den USA fast ausgestorben. Der abgebildete Ford hatte einen Cummins-Motor mit 270 PS und ein Spicer-Getriebe mit sieben Gängen.

Aber zurück zum Museum: Es liegt direkt an der Zufahrt des Truck-Stops. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird höflich gebeten. Wenn man das Gebäude betritt, ist man erstaunt über die Größe und beeindruckt von der Anzahl der Exponate. Der Zustand der rund hundert Fahrzeuge ist fast immer sehr gut. Teilweise empfand ich sie als überrestauriert, wozu man in den USA neigt. Die ausgestellten Oldtimer sind zum Teil Spenden und Leihgaben. Gelegentlich werden auch Fahrzeuge ausgetauscht. Fast alle Exponate sind mit erklärenden Schildern versehen. Die Vielfalt ist an einem Tag kaum zu bewältigen und so haben wir uns in einem nahe gelegenen Hotel einquartiert. Ich habe das Museum dreimal besucht und jedes Mal etwas Neues entdeckt.

Der formschöne GMC des Typs CFI von 1952 fuhr bereits mit Diesel-Kraftstoff, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA durchsetzte. Mit seinem Vierzylinder-Detroit-Dieselmotor und einem Fünfgang-Getriebe war der Sattelzug 55 mph (88,5 km/h) schnell.
Beim Lkw-Hersteller FWD war der Name Programm: Four Wheel Drive. Das Unternehmen aus Clintonville, Wisconsin gehörte zu den Pionieren dieser dringend benötigten Antriebsform. Es existierte hundert Jahre lang, von 1909 bis 2009. Das Foto zeigt das Model BT aus dem Jahr 1926. Der Allrad-Lkw war wegen seiner einfachen Konstruktion beliebt – leicht zu bedienen und problemlos zu reparieren.
Dieser Chevrolet Master stammt aus dem Jahr 1945. Sein 3,9-Liter-Motor lieferte 82 PS. Neben dem Viergang-Getriebe verfügte er über ein Achsgetriebe mit zwei Übersetzungen. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 45 mph (72,4 km/h).

Auf einige Exponate, die in den USA meist Vintage Trucks und nicht Oldtimer genannt werden, möchte ich näher eingehen. Da ist zunächst der Mack AC, eine Legende, die 1915 vorgestellt und in 23 Jahren 40.299 mal gebaut wurde. Allein 6.000 Exemplare wurden während des Ersten Weltkriegs an die britischen Streitkräfte und die US Army nach Europa geliefert. Typisch für diesen Mack war die platte Nase. Die hat ihm angeblich auch den Spitznamen „Bulldog“ eingebracht, was schließlich ab 1932 zum Markenzeichen für alle Typen wurde. Diese Form der Motorhaube, die in den USA „Renault-Style“ genannt wird, ist durch den hinter dem Motor platzierten Kühler möglich. Ein Radiallüfter sitzt auf der Kurbelwelle. Den Mack AC gab es in vielen Ausführungen als 4x2, 6x2 und 6x4. Beim 6x4 wurde die letzte Achse durch eine Kette von der zweiten Achse angetrieben. Mack setzte lange auf den Kettenantrieb, noch in 1940er Jahren war der Typ FN damit ausgestattet.

Das Modell AC kam 1915 auf den Markt und kann als Begründer der Mack-Legende angesehen werden. Den AC gab es mit Drei- und Vierganggetriebe, die Höchstgeschwindigkeit betrug 20 mph (32,2 km/h). Zu sehen ist hier die Variante von 1937, dem letzten Produktionsjahr dieses Modells. Der Lkw hatte einen Vierzylindermotor mit 71 PS.

Eine weitere legendäre amerikanische Marke ist Diamond T. Die formschönen Sattelzugmaschinen des Herstellers aus Chicago, Illinois waren für ihre hohe Qualität und Zuverlässigkeit bekannt. Während des Zweiten Weltkriegs lieferte das Unternehmen mehr als 50.000 Fahrzeuge an die britischen Streitkräfte und die US Army. Am beeindruckendsten waren die Typen 980 und 981, die als Zugmaschinen für Panzertransporte mit ihrem 200 PS leistenden Hercules-Motor für damalige Verhältnisse besonders gut motorisiert waren. Von diesen Diamond-T-Typen befindet sich kein Exemplar im Museum. Nach rund einer Viertelmillion Fahrzeugen kam 1966 das Ende des ruhmreichen Unternehmens.

Diamond T war ein US-Hersteller mit besonders ansprechendem Fahrzeugdesign. Die beiden Sattelzugmaschinen auf diesem Foto zeugen davon. Im Vordergrund ist ein stylischer Haubenwagen von 1957 zu sehen, dahinter ein ebenso schmucker Frontlenker von 1955 mit kippbarem Fahrerhaus.
Auch der Diamond T 951 S von 1954 zeugt von der großen Vergangenheit des 1907 gegründeten Unternehmens aus Chicago. Die oft als „The Cadillac of the Trucks“ bezeichnete Marke wurde 1958 von der White Motor Company übernommen und fusionierte 1967 mit der zehn Jahre zuvor ebenfalls aufgekauften Reo Motor Car Company zur Diamond Reo Truck Incorporated. Nach einigen finanziellen Turbulenzen in den 1970er Jahren verschwand der Name Diamond 1979 endgültig.
Dieser GMC T-110 mit Reifen der Größe 12:00-24 war für schwere Einsätze abseits der Straßen gedacht. Mit seinem Sechszylinder-Motor mit zehn Litern Hubraum und einem Getriebe mit vier- plus drei Gängen war er dafür gut gerüstet.

Einer der wohl markantesten Frontlenker (Cab Over Engine oder COE, wie diese Bauart in Nordamerika genannt wird) war der International RDC-405 mit seiner kurzen, hohen Motorhaube. Die frühen amerikanischen Frontlenker der Fünfziger Jahre hatten noch kurze Motorhauben, bis sich die kubische Form gänzlich ohne Motorhaube durchsetzte. Der RDC-405 wurde von 1951 bis 1956 in nur rund 400 Exemplaren gebaut. Damit gehört er zu den seltenen Vintage Trucks und ist ein Blickfang im Iowa 80 Trucking Museum.

Der International RDC-405 von 1954 mit seiner markanten Formgebung war der Nachfolger des ersten International-Frontlenkers LDC-405 und der Vorläufer des DC-405. Insgesamt wurden diese Lastwagen nur vier Jahre lang gebaut. Der sorgfältig restaurierte RDC-405 ist eine Leihgabe von Bill Glawe aus Dana, Iowa.
Eine Nachbildung der ersten Sattelkupplung – durch sie erklärt sich die Herkunft der in den USA üblichen Bezeichnung „fifth wheel“ (fünftes Rad).

GMC war in Deutschland durch seine Tochter Opel bekannt, die leichte leichte Lkw anbot. In den USA wurden aber bis ins Jahr 1987 auch schwere Lkw, also Class 8 Trucks, gebaut. Der seltene GMC General aus dem Jahr 1986 war der größte je bei GMC gebaute Truck und ist für mich einer der schönsten. Sein Aluminiumfahrerhaus ist geschweißt und nicht genietet. Unter der Motorhaube aus GFK steckt ein Detroit Diesel 8V92 Silver mit 475 PS. Der Truck ist eine Leihgabe von Dave Schroyer, dessen Sammlung ich mir in Celina, Ohio auch noch ansehen durfte.

Seltenes Exemplar eines GMC General von 1986, des größten jemals gebauten General-Motors-Haubenwagens, dessen Produktion 1987 endete, als Volvo bei GMC einstieg. Dahinter ist der GMC Astro zu sehen, die COE-Variante.
Dieser Mack AC von 1926 ist identisch mit dem zehn Jahre früher auf dem Markt erschienen Modell. Gut zu erkennen ist der hinter der Motorhaube platzierte Kühler. Die Scheinwerfer wurden mit Kerosin betrieben, die Reifen bestanden aus Vollgummi, konnten also keine Luft verlieren.
Der Antrieb des Mack AC – das Getriebe, das Kettenrad mit Feststellbremse und die Spannvorrichtung für die Kette sind gut sichtbar.
Der Ford AA wurde in den USA zwischen 1927 und 1932 gebaut. Er war der Nachfolger des Ford TT und stellte die Nutzfahrzeug-Variante des Personenwagens Ford A dar. Als Sattelzugmaschine war das Modell AA relativ selten, während es als Transporter mit einer Vielzahl unterschiedlicher Aufbauten allein in den USA 178.000 Mal gebaut wurde. Auch in der Sowjetunion entstanden von 1932 bis 1950 rund 985.000 Exemplare als GAZ-AA. In Deutschland gab es in den 1930er Jahren eine weitere erfolgreiche Produktion, deren Gesamtzahl leider nicht überliefert ist.

Abschließend möchte ich jedem an der Lkw-Geschichte interessierten USA-Besucher empfehlen, sich das „Iowa 80 Trucking Museum & World's Largest Truck Stop“ selbst anzusehen. Auch sonst gibt es Museen in den USA, in denen historische Lkw gezeigt werden, zum Beispiel das Mack Trucks Historical Museum in Allentown, Pensilvania, das Henry Ford Museum in Dearborn, Michigan und das R.E. Olds Transportation Museum in Lansing, Michigan. Leider gibt es im Internet keine vollständige Auflistung aller Museen in den Vereinigten Staaten, in denen Lkw gezeigt werden. Aber es gibt eine laufend aktualisierte Liste der Truck Shows und Vintage Truck Events unter Facebook. Die rot eingefärbten Textpassagen sind anklickbare Links zu den jeweiligen Webseiten.

Text und Fotos: Klaus Werblow (Berlin)
 

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