Die Volvo-Chronik

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Von Christoph Büch (Berlin 2024)

Eine Besonderheit in der Volvo Lkw-Palette stellte ab 1979 die zweite Generation des CH 230 für die Schweiz dar, wo die maximale Breite für Lastwagen noch bis Anfang der 1990er-Jahre nur 2,30 Meter betrug. Das Fahrerhaus des neuen CH 230 war nicht mehr vom F 89 abgeleitet, sondern basierte auf dem F7. Erhöhte Kotflügel und ein Blechteil mit Kühlschlitzen zwischen den Scheinwerfern waren die sichtbaren Kennzeichen.

CH 230 der zweiten Generation von 1979

Ein weiterer Schritt zur Stärkung der guten Position im internationalen Fernverkehr war 1979 die Einführung der Globetrotter-Kabine für die Baureihen F 10 und F 12 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt am Main. Die Innenhöhe von fast zwei Metern ermöglichte dem Fahrpersonal aufrechtes Stehen. Trotz 190 kg Mehrgewicht und einem beachtlichen Preisaufschlag kam das Globetrotter-Fahrerhaus am Markt gut an. Die Konkurrenz musste in den nächsten Jahren nachziehen.

Das Globetrotter-Fahrerhaus kam 1979 auf den Markt. Mit einer Innenhöhe von fast zwei Metern erfreute es sich großer Beliebtheit beim Fahrpersonal und Volvo konnte als erster Hersteller mit einem in Serie gebauten Hochdach-Fahrerhaus punkten.

Volvo war mit seiner fortschrittlichen und gleichzeitig soliden Technik zu einem der führenden Hersteller in Europa geworden. 1981 lieferten die Göteborger mehr als 28.000 Fahrzeuge aus und erreichten damit europaweit einen Marktanteil von 14 Prozent im Bereich der schweren Lkw. Die Exportquote des schwedischen Herstellers belief sich auf stolze 89 Prozent der Produktion.

1981 weitete Volvo seine Aktivitäten auf dem amerikanischen Markt mit der Übernahme des Traditionsherstellers White erheblich aus. In den Jahren zuvor hatte man mit Freightliner zusammengearbeitet, doch die Übernahme Freightliners durch Volvos Hauptkonkurrenten Mercedes-Benz im Jahr 1980 beendete die Kooperation mit den Schweden. In den späten Siebzigern war Volvo auf dem amerikanischen Markt vornehmlich in der Mittelklasse unter 15 Tonnen erfolgreich gewesen, als man den Viererclub-Lkw dort anbot. Die Übernahme von White bot nun neue Möglichkeiten auch in den schweren Gewichtsklassen. Volvo investierte in den Folgejahren in den Ausbau des Händlernetzes und in die Qualitätsverbesserung der White-Produktpalette. Das zahlte sich nach schwierigen Anfangsjahren aus. Der Marktanteil in der schweren Klasse stieg von fünf auf zehn Prozent im Jahr 1986. Äußerlich erkennbar waren die Fahrzeuge des neuen Eigners ab 1981 durch die diagonale Zierleiste am Kühlergrill. 1987 erfolgte ein wichtiger Schritt zur Produktangleichung. Von da an konnten alle White-Fahrzeuge optional mit Volvo-Antriebsstrang bestellt werden. Außerdem erwarb Volvo den Geschäftsbereich der schweren Lkw von GMC und bot die Fahrzeuge von General Motors als White-GMC an. Die Übernahme von White bedeutete, dass Volvo in der schweren Nutzfahrzeugklasse bereits 1982 weltweit den zweiten Platz hinter dem Marktführer Mercedes-Benz einnahm.

Anfang der achtziger Jahre wurden die schweren Volvo-Frontlenker und die Haubenfahrzeuge äußerlich modifiziert. Bei den Haubern erfolgte 1981 eine Verlängerung des Fahrerhauses um 15 Zentimeter und den Kühlergrill zierte nun der Volvo-typische schräge Streifen (Modellbezeichnung Mark II). Zudem erhielten die Fahrzeuge neue Blinker an den vorderen Ecken. 1983 wanderte die Typenbezeichnung von der Mitte des Kühlergrills in die rechte untere Ecke (mit Intercooler-Plakette) und es gab nun zwei Abschlepp-Ösen in der Stoßstange statt einer. 1987 kam ein neuer Grill mit breiteren Rippen und zentralem Volvo-Logo. Der Volvo-Schriftzug am oberen Rand entfiel.

Dieses Foto aus dem Jahr 2000 zeigt einen Dreiachser des Typs NB 10 der letzten Generation von 1987 in Portugal, zu erkennen an den breiten Kühlerrippen mit zentralem Volvo-Logo und den zwei Abschlepp-Ösen.

Der Grill der schweren Frontlenker F 10 und F 12 erhielt 1981 rechts unten die Intercooler-Plakette. Zwei Jahre später erfolgte ein Facelift. Das Fahrerhaus wuchs um 15 Zentimeter in die Höhe, wobei sich das Dach über der Windschutzscheibe leicht absenkte. Die untere Grillpartie zwischen den Scheinwerfern wies nun nur noch zwei statt vier waagerechte Öffnungen auf. Der F 10 war nun mit aufgeladenen Motoren bis 299 PS erhältlich.

Auch die Versionen der Baureihen F 10 und F 12 ohne Globetrotter-Hochdach wuchsen im Jahr 1983 um 15 Zentimeter in die Höhe. Gleichzeitig gab es das erste Facelift, erkennbar an den geänderten Öffnungen zwischen den Scheinwerfern, die von vier schmalen auf zwei breite Schlitze reduziert wurden.

1985 stellte Volvo die Modelle FL 4 und FL 6 vor (das L stand für "low" wegen der flachen Bauweise mit niedriger Einstiegshöhe). Das neue, größtenteils aus feuerverzinkten Blechen bestehende Fahrerhaus  war nach aerodynamischen Erkenntnissen gestaltet. Mit Verglasung auch im unteren Türbereich saß es auf einem neu konstruierten Rahmen. Erstmals fanden Scheibenbremsen Verwendung. Der Vierzylinder-Diesel kam auf 122 PS, der Sechszylinder mit 5,47 Litern Hubraum leistete als Intercooler zwischen 152 und 207 PS. In der schweren Mittelklasse stellte Volvo im gleichen Jahr die Reihen FL 7 und FL 10 vor. Mit einem neuen Fahrerhaus ersetzten sie die Modelle F6 S und F7. Damit war für die Schweden das Ende auch der vergrößerten Viererclub-Fahrzeuge besiegelt. Der Motor des FL 7 leistete zwischen 226 und 245 PS, der schwerere FL 10 erhielt den kompletten Antriebsstrang des F 10 mit Motoren von 270 bis 300 PS. Damit war der FL 10 auch für den leichten Fernverkehr einsetzbar. Schon der F7 war ja vor allem in Großbritannien ähnlich universell verwendet worden. 1995 dehnte der FL 12 die Baureihe auf 380 und 420 PS aus. Er war auch als 6x4- und 8x4-Version lieferbar.

Volvo FL 6 als Getränke-Lieferwagen im Amsterdamer Stadtverkehr
FL 7 mit Nachlauf-Achse in Spanien
FL 10 als Vierachser mit der Antriebsformel 8x4 in Portugal