Die Volvo-Chronik
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Von Christoph Büch (Berlin 2024)
Ab 1991 hatte Volvo auch spezielle Hauber-Versionen für den brasilianischen und den nordamerikanischen Markt entwickelt. Die Modelle NL 10 und NL 12 wurden exklusiv für den südamerikanischen Markt konstruiert und hatten einen reinrassigen Volvo-Antriebsstrang. In Schweden endete die Produktion von Haubenwagen der N-Serie. 1996 stellte Volvo in Nordamerika die VN-Reihe vor, die dank der liberalen amerikanischen Längenbestimmungen eine noch längere Haube als die brasilianische NL-Reihe erhielt. In den USA hatten die Kunden auch freie Auswahl unter verschiedenen Antriebskombinationen: Volvo-Motoren und amerikanische Alternativen standen zur Disposition. Die Entwicklung von Volvo Trucks in Süd- und Nordamerika wird im Lexikon von truckinfocus.com gesondert behandelt.
1994 kam es zur Trennung von Renault, denn aufgrund gut laufender Geschäfte bei Volvo bevorzugten die schwedischen Aktionäre die Eigenständigkeit. Der weltweite Absatz war 1994 innerhalb eines Jahres von 52.000 auf 68.000 Lkw gestiegen. Volvos Marktanteil in Europas schwerer Lkw-Klasse stieg bis 1995 auf 17,5 Prozent und erreichte damit fast die 19 Prozent von Mercedes-Benz. Neben den bekannten Produktionsstätten in England, Belgien, den USA und Brasilien entstand Ende der Neunziger auch ein Montagewerk in Indien. Zudem wurde ein umfangreiches Servicenetz mit 70 Standorten in Japan aufgebaut.
Als Nachfolger der mittelschweren FL-Serie führte Volvo 1998 die FM-Serie ein. Neben Forward Light (FL) und Forward High (FH) steht FM für Forward Medium. Äußerlich weitgehend der FH-Reihe angeglichen, war auch die Technik beider Baureihen eng verwandt. Beim FH war nun ein neuer 12-Liter-Sechszylinder mit 460 PS und 2.200 Nm Drehmoment erhältlich. Ebenfalls neu waren elektronisch gesteuerte Scheibenbremsen, ein neuer Retarder und eine neue Ausführung der Geartronic-Schaltautomatik. Zum Ende der neunziger Jahre erfolgte nach und nach die Umstellung der Motoren auf die Euro-3-Norm. 1998 liefen 85.000 Lkw von den Montagebändern, 42.000 in Europa, 30.000 in Nordamerika, sowie jeweils etwa 5000 in Südamerika und Asien.
Die Jahrtausendwende
Volvo hatte 1999 den Pkw-Geschäftsbereich für 50 Milliarden Kronen (5,5 Milliarden Euro) an Ford verkauft und 2010 erfolgte ein Weiterverkauf an die chinesische Geely-Gruppe. Volvo behielt die Lastwagen- und Bussparte als selbständige Einheit. Der schwedische Konzern wollte sich auf das das Lkw-Geschäft konzentrieren und nannte sich im neuen Jahrtausend "Volvo Trucks".
Ein wichtiger Schritt im Rationalisierungsprozess war die im Jahr 2001 erfolgte komplette Übernahme der Lkw-Sparte von Renault mitsamt der amerikanischen Marke Mack. Im Sommer 1995 hatten die Schweden den Markennamen White fallen gelassen und die Lkw trugen seitdem den Namen Volvo. Man beschloss nun, die drei Marken Volvo, Renault und Mack eigenständig weiterzuführen, allerdings unter Verwendung möglichst vieler gleicher Teile und Komponenten. In Europa wurde 2001 erstmals der NH-Hauber aus brasilianischer Produktion angeboten. Unter der Haube arbeitete die bekannte Technik des FH.
Anfang 2002 erhielten die Reihen FH und FM ein deutlich sichtbares Facelift mit neuer Grillgestaltung und hochkant angeordneten Scheinwerfern in asymmetrischer Trapezform. Die FH Baureihe von 2002 bekam die Generationsbezeichnung FH 2.
2002 produzierte die Volvo-Gruppe weltweit mehr als 157.000 Fahrzeuge, 70.000 als Volvo, 64.400 als Renault und 23.200 als Mack. Produktionsstätten bestanden in Europa, Nord- und Südamerika, Asien, Afrika und Australien. Volvo lag hinter Mercedes-Benz nach wie vor auf dem zweiten Platz.
Im Jahr 2003 wurde ein neuer FH 16 mit einem Sechszylinder mit 16,1 Liter Hubraum eingeführt. Der neu entwickelte Motor leistete bis zu 610 PS und 2.800 Nm Drehmoment. Die elektronische Pumpe-Düse-Einspritzung erfüllte die Euro-3-Norm.