Die türkische BMC-Chronik

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Von Steve St.Schmidt (Berlin 2024)

Der Levend und die Pininfarina-Generation

Neben Lastwagen bot BMC auch Lieferwagen an. Es gab sie mit und ohne Motorhaube. Unter der Modellbezeichnung Levend baute BMC eine Variante des Leyland Sherpa, der von 1974 bis 1981 in Großbritannien vom Band lief und ab 1982 als Freight Rover und schließlich bis 2005 als LDV Pilot gebaut wurde.

Den Leyland Sherpa gab es in seiner ursprünglichen Form in Großbritannien von 1974 bis 1981. Später wurde er als Freight Rover und dann als LDV vermarktet, wobei sich das Design der Frontpartie änderte. In der Türkei war der Sherpa die Basis für eine Baureihe, die bis in die Nullerjahre dieses Jahrhunderts gebaut wurde. Das Foto stammt von Alex Cunningham.
Zwei Fotos vom BMC Levend: oben die erste Version mit eckigem Kühlergill, unten die letzte Version nach einem Facelift im Jahr 2001.

Den türkischen BMC Levend gab es in der ersten Version mit rechteckigem Kühlergrill von 1992 bis 2001. Dann erhielt der Transporter mit der kurzen Motorhaube ein Facelift mit einem neu gestalteten Grill und technischen Verbesserungen, bis 2010 die Produktion eingestellt wurde. Die Frontlenker-Version des Levend gab es ab 1995. Nach einem Facelift im Jahr 2001 gab es auch ihn bis 2010.

Den Levend gab es auch als Frontlenker: oben in der ursprünlichen Form, unten mit modernisiertem Erscheinungsbild ab 2001.

Im Jahr 1989 wurde BMC vom türkischen Mischkonzern Çukurova Holding übernommen. Das Unternehmen wuchs und expandierte weiter, und 1990 begann die Herstellung von Militärfahrzeugen für die türkischen Streitkräfte. 1993 erfolgte eine Änderung der Firmenbezeichnung in "BMC Otomotiv Sanayi ve Ticaret A.Ş." Das Kürzel bedeutet "Anonim Şirket" und ist die Rechtsform einer türkischen Aktiengesellschaft. Der Firmenname ist mit "BMC Automobilindustrie und -handel AG" zu übersetzen.

Das Fahrerhaus des BMC Profesyonel hatte Pininfarina entworfen. Auf der IAA 1996 in Hannover wurde es vorgestellt und erregte einiges Aufsehen (Foto oben). Auf den Straßen der Türkei kam das futuristische Design gut an.

Die Profesyonel-Serie war die erste Lkw-Baureihe, die unter türkischer Industrieherrschaft produziert wurde, wie es in der BMC-Werbung hieß. Für das Design des durchaus extravagant gestalteten Fahrerhauses hatte BMC bereits 1990 einen Kooperationsvertrag mit dem renommierten italienischen Designbüro Pininfarina geschlossen.

Mit dem Profesyonel 518 bot BMC ab 2001 auch eine Nahverkehrs-Variante des modern gestalteten Lkw an.
In der Türkei werden Lkw gerne mit zusätzlichen Achsen ausgestattet. Die drei Fotos aus dem Jahr 2022 zeigen Beispiele des BMC Profesyonel als Vierachser mit typisch türkischen Hochbord-Pritschenaufbauten.

Als Ergebnis von sechs Jahren Entwicklungsarbeit und der Investition von 120 Millionen US Dollar brachte BMC im Januar 1997 die neue Lkw-Reihe auf den Markt. Man hatte erreicht, international anerkannt zu werden und verschaffte der türkischen Automobilindustrie weltweites Prestige, so die BMC-Werbung für die neuen Modelle, die mit Cummins-Dieselmotoren der B-Serie mit 5,9 Litern Hubraum ausgerüstet waren.

Von 1998 bis 2003 wurde der BMC Professional in Großbritannien von ERF mit der Modellbezeichnung "EP 6" angeboten. Dann begann der Zerfall der letzten eigenständigen britischen Lkw-Marke ERF und BMC gründete eine britische Niederlassung, um die Lkw direkt zu verkaufen. Mit dem Beginn der Exporte im Jahr 2003 kehrte die Marke BMC nach Großbritannien zurück, nachdem man sie seit dem Ende der 1960er Jahre nicht mehr auf britischen Straßen gesehen hatte.

Ab 1998 wurde der BMC Profesyonel für fünf Jahre auch in Großbritannien angeboten, allerdings nicht unter dem eigenen Markennamen, sondern als ERF EP 6. Die finanziellen Schwierigkeiten, in die BMC in der Türkei geriet, beendeten die britische Präsenz.