Die türkische BMC-Chronik
Seite 2
Von Steve St.Schmidt (Berlin 2024)
Erste Frontlenker ab 1971
Ab 1971 bot BMC auch Frontlenker an, zunächst den TM 150, der mit der Kippkabine des britischen BMC FJ versehen war. 1983 erfolgte die Präsentation des Nachfolge-Typs 1340, der ebenfalls auf dem FJ basierte, aber ein modernisiertes Design mit Leyland- oder auch BMC-Schriftzug aufwies. Nachdem die britische Produktion dieser Frontlenker in Großbritannien komplett eingestellt worden war, hatte man die Fahrerhaus-Werkzeuge in die Türkei verschifft.
An dieser Stelle werfen wir einen Blick nach Großbritannien: BMC hatte auf der Earls Court Commercial Motor Show 1964 das Lkw-Modell FJ vorgestellt, das über eine brandneue Kippkabine verfügte. Zunächst vermarktete BMC diese Lastwagen in Großbritannien als Austin wie auch als Morris, doch nachdem im schottischen Bathgate 1968 ein neues Werk entstanden war, erfolgte die Vermarktung unter dem Namen BMC. Im gleichen Jahr erfolgte der Zusammenschluss der Leyland Motors Ltd. mit der British Motor Corporation, die sich inzwischen British Motor Holdings Ltd.nannte. Der Konzern erhielt nun die Bezeichnung British Leyland Motor Corporation und existierte bis zum Jahr 1974, als er kurz vor der Insolvenz von der britischen Regierung verstaatlicht wurde. In der Folge übernahm DAF die Lkw-Sparte.
Doch lange bevor dieses Desaster hereinbrach, hatte Leyland schon 1952 den schottischen Lkw-Hersteller Albion übernommen, dessen Namen aber noch bis 1972 beibehalten. Das als "G-cab" bekannte Fahrerhaus des BMC-Modells FJ bekam 1968 ein Facelift und fand in überarbeiteter Form auch bei den früheren Albion-Modellen Chieftain, Clydesdale und Reiver Verwendung, die 1972 als Leyland-Redline-Serie auf den Markt kamen. Sie wurden bis Anfang der 1980er Jahre im ehemaligen Albion-Werk in Glasgow gebaut. Ja, es war kompliziert, doch inzwischen ist die gesamte britische Lkw-Produktion ohnehin längst Geschichte.
Wir kehren zurück in die Türkei. Dort setzten sich die BMC-Frontlenker mit dem G-Fahrerhaus durch. Die erste Serie hieß 1340 und wurde von 1983 bis 1987 produziert. Ab 1985 kam die Variante 1340 G hinzu, die sich vor allem durch ein neues Differenzial abhob, das in seiner Leistung dem Vorgänger weit überlegen war. Der äußerliche Unterschied zeigte sich bei den Felgen des 1340 G mit zehn Radmuttern im Gegensatz zu den acht Muttern des Typs 1340. Die Frontgestaltung beider Modelle mit Leyland- oder BMC-Schriftzug glich noch weitgehend der des Originals aus Großbritannien.
Nachdem ein Abkommen zwischen BMC und Volvo die Lizenzfertigung von Turbo-Dieselmotoren der schwedischen Marke gestattete, entstand 1983 der Frontlenker Yavuz. Nicht nur die Motorisierung, sondern auch der Kühlergrill machte durch ein verändertes Erscheinungsbild auf sich aufmerksam. Leyland als Marke war nicht mehr vertreten, sondern ein "Yavuz"-Emblem schmückte die Front des weiterhin verwendeten G-Fahrerhauses, teilweise auch mit Volvo-Logo. Es gab den Yavuz als Typ 1850 mit 145 PS und als Typ 2200 mit 180 PS. Dieser erste türkische Lkw mit Turbo war auch als Sattelzugmaschine im Angebot. Über die Produktionszahl des Yavuz aus dem Jahr 1984 findet sich die Angabe 3244 Exemplare.
In Internet-Foren wird berichtet, dass Volvo den Vertrag über die Lizenzfertigung von Motoren nach nur drei Jahren kündigte, weil BMC nicht bereit war, das G-Fahrerhaus durch Volvo F6- und F7-Fahrerhäuser zu ersetzen. Bei Volvo soll man der Ansicht gewesen sein, dass das in die Jahre gekommene britische Fahrerhaus nicht zu Markenwert und Image des schwedischen Unternehmens passte.
BMC orientierte sich neu und unterzeichnete 1985 eine Vereinbarung mit der Cummins Engine Company und begann ein Jahr später mit der Produktion von Lkw der Fatih-Serie mit Cummins-Motoren. Der Name „Fatih“ stammt vom osmanischen Kaiser Fatih Sultan Mehmet und bedeutet im Arabischen „Eroberer“. Außerdem ist Fatih der zentrale Stadtteil Istanbuls mit der Fatih-Moschee.
Mit dem Modell Fatih hatte BMC eine Revolution eingeleitet, wie ein begeisterter Lkw-Fahrer in einem Forum berichtet: "Motor mit Turbolader und geringem Verbrauch, großes Differential, großes Getriebe, Vollluftbremsen, breite Bremstrommeln und -backen, doppeltes Fahrgestell, zehn Räder ab Werk und viele andere Unterschiede zum Vorgänger Yavuz. Technische Daten: Cummins-Dieselmotor mit 5700 Kubikzentimetern Hubraum, 120 PS, zusätzlicher Motorölkühler, um 50 Grad kippbare Kabine, hydraulische Servolenkung, serienmäßiges 5-Gang-Getriebe, leistungsstarkes Eaton-Differential, Luftfederung". Viele Stadtverwaltungen überall im Land erhielten gelb lackierte Fatih-Kipper, mit denen kommunale Aufgaben bewältigt wurden. Aber auch überall in der Privatwirtschaft war BMC mit Lastwagen aus der Fatih-Baureihe präsent.
Wie auch beim Yavuz verwendete BMC noch immer das alte G-Fahrerhaus der Leyland-Redline-Serie, wenn auch je nach Fahrzeugtyp unterschiedlich hoch montiert mit entsprechenden Einstiegs-Variationen und in verschiedenen Frontgestaltungsvarianten. Neben dem Fatih-Schriftzug war in der Mitte ein großer Buchstabe C angebracht, der auf den Cummins-Motor hinwies. Ein BMC-Logo gab es nicht. Fatih-Lkw wurden mehr als zehn Jahre lang produziert, bis sie 1997 von der Profesyonel-Baureihe abgelöst wurden. Aber auch in späteren Jahren waren noch Lkw mit dem früheren Fahrerhaus bei BMC erhältlich.