Die Terberg-Chronik
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Von Niels Jansen (Nordholland 2023)
Die ersten Jahrzehnte
Im Jahr 1869 gründete Johannes Bernardus Terberg eine Schmiede in der niederländischen 2000-Einwohner-Stadt Benschop in der Provinz Utrecht, dem Ort, an dem sich das Terberg-Hauptwerk noch heute befindet. 1913 übernahm sein Sohn Willem George Terberg den Betrieb. Den Zeichen der Zeit folgend, widmete er sich der Konstruktion von Fahrrädern. Wie es für eine Schmiede üblich war, bediente man daneben aber auch weiterhin die Kunden, die mit dem wichtigsten Transportmittel der damaligen Epoche, dem Pferdewagen, ihr Einkommen hatten. Außerdem standen Herstellung und Reparatur von Haushaltsgeräten und landwirtschaftlichen Maschinen auf dem Programm. Willems Brüder Govert und Ferdinand erlernten nach dem Vorbild des Vaters den Beruf des Schmieds, während Theo Automechaniker wurde.
Während der schwierigen Zeiten in den dreißiger Jahren gründeten die Terbergs einen Ford-Verkaufsbetrieb und nach dem zweiten Weltkrieg stieg die Familie ins Nutzfahrzeug-Geschäft ein. Um die Niederlande nach den jahrelangen Feindseligkeiten und Zerstörungen wieder aufzubauen, wurden vielerorts alte Militärfahrzeuge für zivile Zwecke konvertiert. Auch die Firma Terberg machte es sich zur Aufgabe, ausgemusterte Fahrzeuge der US-Armee für den zivilen Gebrauch umzubauen. Schon 1945 kauften die Brüder das erste Konvolut von 20 Willys-Jeeps. Modifiziert für neue Einsatzgebiete wurden sie für landwirtschaftliche Arbeiten an Bauern verkauft. Der Erfolg blieb nicht aus und als die Aufträge zunahmen, gründeten sie 1948 eine Niederlassung im vier Kilometer entfernten IJsselstein.
Die Erfahrung mit den Jeeps führte zum Kauf einer Reihe von GMC-Truppentransportern mit der Modellbezeichnung CCKW, genannt Jimmy, die man bei den US-Streitkräften ausgemustert hatte. Diese Lastwagen gingen vor allem an Straßenbau-Unternehmen. Mit ihrem 6x6-Antrieb und neuen Kippmulden versehen, waren sie perfekt geeignet, um Sand oder Kies zu bewegen. Die zivilen Betreiber transportierten jedoch größere Lasten mit ihnen, als die Achsen zuließen, die für vier bis fünf Tonnen konzipiert waren. Daher kam es immer wieder zu Achsbrüchen und gerissenen Fahrgestellen. Um das Problem zu beheben, modifizierten die Terberg-Brüder die Fahrgestelle und bauten stärkere Pendelachsen ein, die jeweils mit sieben Tonnen belastbar waren. Zudem ersetzten sie wenig später auch die durstigen Benzinmotoren durch sparsamere und leistungsfähigere Dieselaggregate von Perkins oder Flüssiggasmotoren. Man begann auch damit, ausrangierte GMC-Fahrgestelle zu kürzen, zu verlängern oder zu verbreitern, um sie für verschiedene zivile Zwecke nutzbar zu machen. Dies war der Beginn von "Terberg Techniek" und "Terberg Specials", den Tochterunternehmen, die in den folgenden Jahrzehnten alle Arten von Nutzfahrzeugen umbauten. Ab 1958 befand sich im Werk IJssselstein auch ein Volkswagen-Händler. Später wurde dieser nach Utrecht verlegt und danach stieg man von VW auf Opel um.
Währenddessen boomte das Geschäft in Benschop, denn beim Wiederaufbau der Niederlande war der Bedarf an schweren Fahrzeugen für das Baugewerbe groß. In den fünfziger Jahren wurden die Ölbad-Pendelachsen von Terberg so populär, dass auch andere Händler ehemaliger Militärfahrzeuge, wie Van Gorp in Rotterdam und Van Mill in Gorinchem, in Benschop anklopften, um Teile zu beziehen. Um 1964 bestand die Belegschaft bei Terberg aus etwa 50 Angestellten. Die Hauptaufgabe bestand nach wie vor darin, Militär-Lastwagen für die zivile Nutzung umzubauen. Der REO M 35 und der Diamond-T M 52 ersetzten allmählich den GMC. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 21 Tonnen boten sie deutlich mehr Ladekapazität als der leichtere "Jimmy". Anfangs wurden die REOs mit einem Mercedes OM-326-Dieselmotor mit 180 PS ausgestattet, aber schon bald kam der stärkere und zuverlässigere OM 346 zum Einbau. Auch diese Lastwagen hatten verstärkte Achsen, überarbeitete Fahrgestelle und optimierte Lenkgetriebe. Außerdem überholte Terberg die Getriebe und Verteilergetriebe. Pro Jahr verließen etwa hundert dieser umgebauten Lkw das Montagewerk.
Der erste Echte
Im Jahr 1966 erhielt der erste echte Terberg seine Typenzulassung. Der Lkw mit der Antriebsformel 6x6 erhielt die Bezeichnung SF 1200 und hatte eine Nutzlast von 12 Tonnen. Das rundliche Fahrerhaus samt Motorhaube stammte von Daimler-Benz und entsprach dem der schweren Mercedes-Haubenwagen. Er wurde mit dem 210-PS-Sechszylinder-Dieselmotor des Typs OM 346 ausgerüstet. Das Fahrgestell war eine Eigenkonstruktion von Terberg, aber die Achsen, das Getriebe, das Verteilergetriebe und andere Teile stammten noch aus der Zeit der Militärfahrzeuge. Es handelte sich aber nicht mehr um gebrauchte Teile, sondern um neuwertige Ersatzteile, die man von der US-Army übernommen hatte. Zehn dieser Fahrzeuge, die stolz das T im Kreis und das Bärenlogo an der Front trugen, verließen das Werk in Benschop im Jahr 1966, das als das Geburtsjahr der Terberg Automobielfabriek gilt.
In der ersten Hälfte des Jahres 1967 wurde ein zweites Modell eingeführt, der N 800. Dieser Lkw basierte auf einem amerikanischen REO mit der Antriebsformel 6x6 und einer Nutzlast von 8,2 Tonnen. Terberg versah ihn mit einem von der Carrosseriefabriek Van Eck in Lexmond gefertigten Fahrerhaus. Obwohl die Haube des N 800 auffällige Ähnlichkeit mit der des REO aufwies, hatte sie Terberg angefertigt. Die einzigen Teile, die noch von den Armeewagen stammten, war das Timken-Differential, das Ross-Lenkgetriebe und das Wisconsin-Verteilergetriebe. Unter der Motorhaube saß ein neuer DAF-Dieselmotor des Typs DD 575 mit sechs Zylindern und 5,76 Litern Hubraum. Das Aggregat leistete 120 PS und war an ein vollsynchronisiertes 5-Gang-Getriebe von Spicer gekoppelt. Die Achsgehäuse lieferte Kirkstal in England, die Achsgetriebe stammen von Terberg. Der N 800 konnte in einer 239 cm breiten Version bestellt werden, aber auch in einer schmalen 220-cm-Version für den Einsatz auf sogenannten B-Straßen. Sowohl der N 800 als auch der schwerere SF 1200 waren serienmäßig mit Netam-Dreiseiten-Kippaufbauten oder Edbro-Hinterkippmulden ausgestattet.
Nach zwei Jahrzehnten mit altem Armeematerial standen die niederländischen Sand- und Kiestransporteure Schlange, um die neuen Terberg-Produkte zu erwerben. Im Jahr 1968 wurden in Benschop nicht weniger als 230 Kipper produziert, 60 Prozent vom Typ N 800, der Rest vom Typ SF 1200.
Auf der RAI-Nutzfahrzeugmesse des Jahres 1970 in Amsterdam stellte Terberg ein interessantes neues Kipperfahrgestell mit der Bezeichnung SF 1400 vor. Es gab eine kurze Version mit 3,70 Metern und eine lange Version mit 4,37 Metern Radstand. Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 23 Tonnen für beide Varianten betrug die Brutto-Nutzlast 15.9 betiehungsweise 15.68 Tonnen. Der Dieselmotor OM 346 stammte wie beim SF 1200 von Daimler-Benz. Das auffälligste Teil des Lkw war jedoch das völlig neue Fahrerhaus. Terberg hatte es bei der deutschen Firma Wackenhut in Nagold in Auftrag gegeben. Es kam allerdings nur zu zwei Exemplaren mit diesem charakteristischen Fahrerhaus. Die Qualität war überzeugend, aber Terberg entschied, dass es zu teuer für die Verwendung bei Baulastwagen war.
In den Jahren 1972 und 1974 wurden zwei neue Modelle eingeführt, der N 1000 und der SF 1300. Beide waren mit einer von Terberg selbst entwickelten Vorderachse mit einer Tragfähigkeit von 8 Tonnen ausgestattet. Die Nutzlasten stiegen auf 10 und 13 Tonnen. Fünfgang-Getriebe von Fuller, optional auch von Spicer oder ZF kamen zum Einbau. Der N 1000 erhielt eine neue Polyester-Haube von Van Eck. Der SF 1400 mit der Antriebsformel 6x4 wurde mit Fahrerhaus und Haube von Mercedes für den Einsatz als Kipper, Zementmischer oder Sattelzugmaschine angeboten. Als starrer Lkw hatte er eine Nutzlast von 14 Tonnen, die Zugmaschine konnte eine Drehschemel-Last von 15 Tonnen bewältigen. Als Ausrüstung dienten OM-355-Dieselmotor mit 230 PS von Daimler-Benz und ein Fuller-Getriebe des Typs RTO mit 15 Gängen.