Die Ginaf-Chronik

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Von Niels Jansen (Nordholland 2024)

Besondere Kreationen

In den ersten 25 Jahren produzierte GINAF hauptsächlich Kipper. Nur gelegentlich wurden auf Kundenwunsch auch andere Fahrzeuge gebaut. Später kamen immer mehr Spezialfahrzeuge für die Landwirtschaft, die Brandbekämpfung, den Containertransport, die Abfallentsorgung sowie für Kranarbeiten, Erdbohrungen und Drucksondierungen zur Baugrunderkundung (CPT) hinzu. Um das Jahr 2000 kam die Entwicklung und Produktion von Rallye-Trucks hinzu, mit denen vor allem Wulfert und Edwin van Ginkel einige Erfolge feiern konnten.

Im Jahr 2000 infizierten sich die Brüder Wuf und Edwin van Ginkel mit dem Paris-Dakar-Virus. In den folgenden Jahren nahmen sie an unzähligen Wüstenrallyes in Afrika und Südamerika teil. Dabei setzten sie einen 1000 PS starken Racetruck mit 4x4-Antrieb ein und gewannen so manches Rennen.
Mit 6x6-Antrieb in schwerem Gelände im Kampf gegen Waldbrände: GINAF X 3335 S mit Mannschaftskabine und Feuerwehraufbau aus dem Jahr 2002.
Ursprünglich ein Kipper, hat dieser GINAF X 5450 S nach jahrelangem Einsatz auf Baustellen in den Niederlanden ein neues Leben in Island beginnen dürfen. Mit einem harmonisch gestalteten Busaufbau fährt er nun Touristen durch die eisigen Steppen des nördlichsten Inselstaates Europas.
GINAF hat sich auch mit dem Bau schmaler Müllfahrzeuge einen Namen gemacht, die in den engen Straßen der niederländischen Altstädte unverzichtbar sind. Der Ergotruck wurde 1996 auf den Markt gebracht. Er war nur 220 Zentimeter breit, hieß B 2121 N und wurde auf der Bedrijfsauto RAI in Amsterdam vorgestellt. Die ergonomische Gestaltung der Fahrerkabine mit einer Einstiegshöhe von nur 35 Zentimetern kam besonders gut an.
GINAF A 2121 N, Baujahr 1997, auf einer der Brücken in der Wasserstadt Amsterdam. Das Fahrerhaus stammt von DAF aus der Baureihe 600/800/1000, die auf dem Leyland Roadrunner basierte.
Auf der Basis des IVECO Eurocargo von 2003 bot GINAF 2005 den C 3127 N an, ein Müllfahrzeug mit Ladekran zum Heben und Entleeren von Unterflurcontainern.

GINAF wurde weithin für seine innovativen und soliden Produkte gelobt, doch aufgrund der sinkenden Nachfrage nach maßgeschneiderten Fahrzeugen für die Bauindustrie ging das Unternehmen 2011 in Konkurs. Erst nach der Übernahme durch den chinesischen Mischkonzern und Lkw-Hersteller China Hi-Tech Group Corporation, kurz CHTC, konnte der Bau von Spezialfahrgestellen in begrenztem Umfang wieder aufgenommen werden. Im Jahr 2020 gelang es, GINAF durch ein Management-Buy-Out wieder aus der CHTC herauszulösen. Danach agierte der niederländische Lkw-Hersteller wieder als eigenständiges Unternehmen.

Kaum eine Aufgabe im Fahrzeugbau schien für GINAF unlösbar: 1992 war das Baujahr dieses Unikats, einer mobilen Baumrodemaschine mit Shredder.

Das Programm von "GINAF Trucks Nederland BV", wie das Unternehmen jetzt heißt, umfasst eine Reihe von Baufahrzeugen mit drei, vier und fünf Achsen auf Basis des DAF CF Construction Chassis. Da es sich um umfangreiche Modifikationen handelt, werden sie unter eigenem Namen ausgeliefert. Gleiches gilt für die vollelektrischen mittelschweren Lkw auf Basis DAF CF und Mercedes Atego für den Entsorgungs- und Verteilerverkehr. Aber auch einige selbst entwickelte Fahrgestelle mit Frontantrieb werden für dieses Marktsegment produziert.

GINAF-Lkw sind auch mit modernen 12,9-Liter-Paccar-MX-Dieselmotoren der Euro-5- und Euro-6-Norm mit bis zu 510 PS in Kombination mit einem AS-Tronic-Dual-Mode-Automatikgetriebe erhältlich. Die Fahrzeuge können auch mit EVS-Lenkung und HVPS-Federung ausgestattet werden. Seit 2015 führen sie den Namen GINAF prominent über dem Kühlergrill.

Monster außer Dienst: Zwei nach Deutschland verkaufte Exemplare des HD 5395 TS gehörten bald zur Konkursmasse der Baufirma, die die schweren Muldenkipper mit türkischem Ford-Fahrerhaus bei GINAF bestellt hatte.
Hoffnungsvoller Blick in eine goldene Zukunft: GINAF HD 5395 TS auf einer Fahrzeugschau in den Niederlanden 2018, als man noch glaubte, mit dem eigenwilligen 95-Tonnen-Bergbaukipper eine internationale Kundschaft begeistern zu können.

Das Flaggschiff von GINAF im Jahr 2018 war der kolossale HD 5395 TS mit 10x6-Fahrgestell, der für den Tagebau in Exportländern entwickelt wurde. Dieses Ungetüm mit einem 610 PS starken QSX-15-Dieselmotor von Cummins und einem 12-Gang-AS-Tronic-Getriebe von ZF war für ein maximales Gesamtgewicht von sage und schreibe 95 Tonnen ausgelegt. Ein auffälliges Merkmal war das hoch auf dem Fahrgestell montierte türkische Ford-Cargo-Fahrerhaus. Damit war die Verbindung zwischen GINAF und Ford nach 80 Jahren wieder hergestellt. Es heißt aber auch, dass GINAF auf das türkische Fahrerhaus zurückgreifen musste, weil DAF nicht bereit war, sein neues Fahrerhaus zu liefern, da GINAF sich für Cummins-Motoren entschieden hatte. Das Problem war allerdings, dass DAF keinen Dieselmotor mit mehr als 530 PS liefern konnte, was für den 95 Tonnen schweren Bergbau-Lkw erforderlich war. Im Jahr 2021 wurde die Produktion des HD 5395 TS eingestellt. GINAF bot daraufhin für diesen Bereich das Fahrgestell X6 5278 S 10x4 mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 78 Tonnen an.

Ein echtes Prachtstück ist der fünfachsige GINAF X6 5250 S mit Betonmischeraufbau in der attraktiven Lackierung eines niederländischen Betonlieferanten aus Barneveld. Baujahr 2021.
Schüttgutkipper für Düngemittel: Der Aufbau hatte bereits 13 Jahre auf dem Buckel, als er 2022 komplett restauriert wurde und auf einem neuen GINAF-Fahrgestell vom Typ X6 5250 TS ein zweites Arbeitsleben begann.
Ginaf-Vierachser vom Typ X6 4345 TSV auf einer Baustelle am Ijsselmeerdamm, der auf einer Länge von 32 Kilometern die ehemalige Zuiderzee von der Nordsee trennt und das Ijsselmeer entstehen ließ.
Abrollkipper mit Ladebagger: GINAF X6 4344 TS von 2021


Besitzer im Wechsel

Im Juli 2022 wurde GINAF erneut verkauft. Das an der Frankfurter Wertpapierbörse notierte Hamburger Unternehmen Clean Logistics, das sich auf den Bau von wasserstoffbetriebenen Lkw spezialisiert hatte, übernahm alle Anteile des niederländischen Fahrzeugbauers für 1,8 Millionen Euro und ein Aktienpaket von Clean Logistics im Wert von 1,5 Millionen Euro. Abhängig von den Geschäftsergebnissen der nächsten vier Jahre sollte ein weiteres Aktienpaket im gleichen Wert hinzukommen. Doch die großen Pläne zerschlugen sich schnell. Das deutsche Start-up geriet in finanzielle Schwierigkeiten und entschloss sich nach nur einem halben Jahr zum "Notverkauf" der niederländischen Tochter. Im Februar 2023 meldete Clean Logistics Insolvenz an. Inzwischen hat GINAF neue Eigentümer aus Norddeutschland. Die Arakos Service GmbH aus Kabelhorst, deren Kerngeschäft die Personalberatung ist, steht nun auch hinter dem Bau schwerer Lkw aus den Niederlanden.

Seit 2023 werden bei GINAF Fahrerhäuser der neuen DAF-Generation von 2021 verwendet. Hier ein Fahrgestell mit der Typenbezeichnung XFC 4243 TS mit Abrollvorrichtung.
GINAF mit neuem Schriftzug am Kühlergrill: Typ XF 4243 S mit Vorrichtung für Abrollmulden, Baujahr 2024

Bei GINAF werden längst wieder Fahrzeuge gebaut. Nachdem DAF 2021 eine neue Fahrzeuggeneration auf den Markt gebracht hat, ist auch Ginaf dieser Entwicklung gefolgt und bietet seit Oktober 2023 selbst Fahrzeuge im neuen Look an. Bereits im Frühjahr 2023 wurde eine Liste der verfügbaren Typen und der möglichen Antriebsformeln veröffentlicht. Bei den Fahrzeugen ohne Allradantrieb werden DAF-Fahrgestelle verwendet, bei den Fahrzeugen mit Allradantrieb kommen die Fahrgestelle und Vorderachsen von GINAF selbst, die Hinterachsen und Tandemachsen von Sisu und Meritor. Die Automatikgetriebe stammen von ZF und die Motoren von Paccar. Die DAF XFc-Fahrerhäuser mit modifizierter Frontpartie sowie speziellen Stoßfängern und Einstiegsstufen geben ein robustes und modernes Erscheinungsbild ab.

 

Quellennachweis:

Ton Spaansen, Nico van der Wel: GINAF – De gebroeders van Ginkel – Een familie van truckbouwers, speciale uitgave van Van Ginkel Trucks (VGT) Ederveen 2017

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