Die Ginaf-Chronik
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Von Niels Jansen (Nordholland 2024)
Die Anfänge
Der Markenname GINAF war erstmals 1967 auf einem Kipper zu lesen. Die Geschichte des Familienunternehmens reicht jedoch bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurück.
Im Jahr gründete Evert van Ginkel senior ein Autodemontage- und Autohandelsunternehmen in Ederveen in der niederländischen Provinz Gelderland. Die Geschäfte liefen zunächst gut. Doch die Zeiten änderten sich am 10. Mai 1940, als die deutsche Wehrmacht in die Niederlande einmarschierte. Nach fünf Tagen erbitterten Widerstandes endete die Invasion mit der Kapitulation der Niederlande. Fast fünf Jahre lang herrschten die Deutschen über das kleine Nachbarland, ebenso wie über Belgien, Luxemburg und weite Teile Frankreichs. Im Jahr 1944 befreiten alliierte Truppen das Land von der deutschen Besatzung und am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation Deutschlands.
Überall lag die Wirtschaft am Boden, Städte und Dörfer waren zerstört und die Menschen mussten Wege für einen Neuanfang finden. Evert van Ginkel sah seine Chance im Umrüsten ausrangierter amerikanischer Armeelastwagen. Er hatte bereits Erfahrung mit Vorkriegs-Personenwagen vom Typ Ford A, die er zu landwirtschaftlichen Traktoren umbaute.
Neben dieser Tätigkeit begann er nun auch, ehemalige Armeelastwagen für den zivilen Markt herzurichten. Zu diesem Zweck erwarb van Ginkel einen großen Bestand an Fahrzeugen und Teilen aus Militärdepots. Dieses Material erwies sich als sehr wertvoll für den Bau schwerer Kipper. 1948 traten Evert van Ginkels Söhne Adrie und Wulfurt in das Unternehmen ein. Wenig später wurde der hundertste Van Ginkel Ford A Traktor ausgeliefert. Durch die Bemühungen der Söhne verlagerte sich der Schwerpunkt in den fünfziger Jahren immer mehr auf den Umbau ehemaliger amerikanischer Militärlastwagen zu zivilen Kippern.
Von GMC und Diamond-T zu REO
Neben Dodge Power Wagons und Willys Jeeps kauften die Van Ginkels Dutzende von GMC-Zweieinhalbtonnern des Typs CCKW mit 6x6-Antrieb. Sie ersetzten die durstigen Benzinmotoren durch neue Dieselmotoren von Leyland und verstärkten die Aufhängungen und Hinterachsen. Dadurch erhöhte sich die Nutzlast auf sieben Tonnen. Die Pendelachsen kauften die Van Ginkels übrigens vom Konkurrenten Terberg.
1959 wurde der Firmenname in Gebr. van Ginkel Automobielbedrijf geändert. Nachdem der dritte Bruder, Evert Jan van Ginkel, in die Geschäftsführung eingetreten war, beschlossen die drei, aus dem riesigen Bestand an Ersatzteilen aus dem Armeebestand neue Lastwagen zu bauen. Dabei handelte es sich um zwei Modelle, die auf dem "kleinen" REO M 34 und dem schweren M 52 basierten. Der M 52 wurde auch als "großer REO" bezeichnet, war aber in Wirklichkeit ein Diamond-T. Der M 34 konnte sechs Tonnen Nutzlast transportieren, der Diamond-T zwölf Tonnen. Beide wurden mit geschlossenen Fahrerhäusern der Karosseriebauer Gebr. van Dijk und Van Eck ausgestattet.
Die Kunden konnten zwischen Sechszylinder-Dieselmotoren der Marke DAF mit 120 und 165 PS wählen. Der 1959 von der US-Armee übernommene Bestand an REO-Kippern und Ersatzteilen war so groß, dass das Unternehmen fast 30 Jahre lang daraus schöpfen konnte.
1963 verließ der hundertste Lkw die neuen Produktionshallen in Ederveen. Das Geschäft florierte, und kaum zwei Jahre später lag die Produktionszahl bei hundert Kippern pro Jahr.
Verschiedene Frontlenker-Kabinen
Um den Kunden mehr Motorleistung zu bieten, boten die Van Ginkels ihre Kipper bald auch mit 180 PS starken Leyland-Dieselmotoren an, ab 1965 wahlweise auch mit Fiat- oder Scania-Vabis-Motoren. Als Getriebe wurden vor allem Spicer-Sechsganggetriebe und Timken-Verteilergetriebe angeboten. Zur weiteren Ausstattung gehörten Timken-Rockwell-Achsen und luftunterstützte hydraulische Bendix-Bremsen. Mitte der fünfziger Jahre entstand versuchsweise ein Frontlenker mit einem Fahrerhaus des Lkw-Herstellers DAF aus Eindhoven. Zwei oder drei Exemplare erhielten ein Fahrerhaus, das dem DAF 2000 DO sehr ähnlich war. Dieser Frontlenker mit einer kleinen, flachen "Schnauze" war jedoch eine Eigenkonstruktion von Van Ginkel, um den großen DAF-Motor vom Typ 575 und das vorstehende Lenkgehäuse unterzubringen. Der DAF 2000 DO wurde mit dem gleichen Leyland-Dieselmotor ausgerüstet. Mitte der sechziger Jahre brachte Van Ginkel einige Modelle mit ungewöhnlich niedrigem Fahrerhaus auf den Markt, sowie etwa zehn Exemplare mit Fiat-Fahrerhaus und dem gleichen Dieselmotor. Außerdem wurden einige Fahrgestelle von den Karosseriebauern Van Dijk und Den Oudsten mit ziemlich eckigen Fahrerhäusern versehen.
1967 wurde der Markenname GINAF eingetragen, ein Akronym für "Ginkels Automobiel Fabriek". Damit verschwanden die Marken REO, Diamond und DAF von den Fahrzeugen. Die Automobielfabriek Gebr. van Ginkel, wie das Unternehmen nun hieß, hatte sich zu einem echten Lkw-Hersteller entwickelt, der auf die Produktion von 4x4- und 6x6-Fahrgestellen mit Kippaufbauten für die Bauindustrie spezialisiert war. Aus dem REO-Kipper M 34 wurde der GINAF TF 8, aus dem M 52 der TF 12 und die Frontlenker hießen fortan FS 138 und FS 200.
1967 kam der FS 12 mit 6x6-Antrieb für 12 Tonnen Nutzlast hinzu, mit DAF-Fahrerhaus, das natürlich den GINAF-Schriftzug trug. Ein Jahr später verließ der tausendste Lkw das Werk in Ederveen.