Die 1. Historischen Schwarzwälder Holztage 2025

Langholz- und Stückgut-Transport im historischen Umfeld

Wie gelangten in früherer Zeit bis zu 14 Meter lange Baumstämme  vom Waggon auf den Lkw-Anhänger? Und wie wurden die typischen Erzeugnisse der Holzindustrie, also Schnittholz und Holzwolle, sowie das früher übliche Stückgut wie Fässer, Kisten und Säcke ohne Gabelstapler und Hebebühnen auf Lkw-Ladeflächen gebracht? All das konnte man im Schwarzwald erleben. Am historischen Bahnhof Seebrugg und dem nahegelegenen Sägewerk Volk in Immeneich fanden die 1. Schwarzwälder Holztage mit Fahrzeugen aus den Jahren bis 1956 statt. Alles passte ins Ambiente der damaligen Zeit, sogar die Arbeitskleidung der Mitwirkenden. Rund 1000 Zuschauer kamen in den Hochschwarzwald, um sich das Schauspiel anzusehen.

Zum Monatswechsel Mai/Juni 2025 fand am südwestlichen Zipfel Deutschlands ein Oldtimertreffen der etwas anderen Art statt: Die 1. Historischen Schwarzwälder Holztage, ein Zeitreise-Event. Die Organisatoren Jürgen Danner aus Hamburg und Jens Reichelt aus Dachsberg im Hochschwarzwald hatten sich eine szenische Darbietung ausgedacht, wie man sie sonst nicht kennt. Vor dem Hintergrund des historischen Land-Bahnhofs Seebrugg und eines 23 Kilometer entfernten, ebenso altertümlichen Sägewerks fanden Transporte statt, wie sie vor rund 70 Jahren durchgeführt wurden. Alles war stilecht bis ins Detail. Nicht nur die Eisenbahnwaggons, Lastwagen und Traktoren, die Holz, die Produkte der Holzindustrie und Stückgut transportierten, sondern auch die Arbeitskleidung der Akteure entsprach der Epoche der 1950er Jahre. So wurde den Zuschauern ein Freiluft-Theater geboten, das nicht nur informativ war, sondern auch eine Reise in eine vergangene Ära bot.

Bereit zum Abladen: Dieses Foto eines Magirus S 3500 mit Aufbau und Nachläufer zum Langholztransport entstand kurz nach dem Eintreffen am Sägewerk in Immeneich.

Ein vierachsiger Schienenwagen, der noch aus der Zeit der Deutschen Reichsbahn vor dem Zweiten Weltkrieg stammte, hatte Baumstämme zum Bahnhof geliefert. Dort wurden sie auf Langholzanhänger verladen. Viele der Zuschauer hatten noch nie gesehen, wie die schweren Stämme von der Seite her auf die Anhänger gelangten. Heute bewältigen Ladekräne mit Greifern diese Aufgabe in einem Bruchteil der Zeit. Damals erfolgte die Verladung mit zwei starken Drahtseilen, die um die Enden der Stämme geschlungen wurden. Über ein ausgeklügeltes Rollensystem und eine Motordoppelwinde am Zugfahrzeug gelangte das unhandliche Ladegut anschließend auf die Anhänger.

In früheren Jahren gab es noch keine hydraulischen Ladekräne. Damals wurden die schweren Baumstämme mit zwei Drahtseilen verladen. Diese wurden um die Enden der Stämme geschlungen. Dann wurden sie mittels einer Motorwinde parallel auf das Transportfahrzeug gezogen.

Aber es ging nicht nur um die Langholz-Verladung, auch die typischen Produkte der Holzindustrie wie Bretter und Holzwolle aus dem Sägewerk wurden für den Weitertransport auf die Eisenbahn verladen. Außerdem wurde das damals allgegenwärtige Stückgut aus geschlossenen Eisenbahnwaggons auf Lastwagen verladen. All dies geschah selbstverständlich ohne Gabelstapler oder Hebebühnen. Stattdessen musste reine Muskelkraft investiert werden, um die Fässer, Kisten und Säcke zu bewegen.

Ein Mercedes L 311 mit Allradantrieb und Stückgutladung ist auf dem Weg vom Bahnhof zum Kunden. Das Foto entstand in einem Schwarzwald-Dorf entlang der Strecke vom Bahnhof Seebrugg zum Sägewerk in Immeneich.Dieser Mercedes L 311 
Dieser Mercedes L 311 kam gerade vom Sägewerk. Er hatte Holzwolle geladen. Das Foto wurde aufgenommen, als er am Bahnhof eintraf.

Das Ambiente des historischen Personen- und Güterbahnhofs Seebrugg mit seinen Gebäuden, den vielen alten Waggons, den fahrenden Rangierlokomotiven, den handbetriebenen Weichen und Signalen ist auch ohne besondere Veranstaltungen eine touristische Attraktion. Um diesen historischen Hintergrund zu nutzen und Besucher anzulocken, werden unter der Regie von Reichelt und dem Förderverein IG 3 Seenbahn e.V. immer wieder Veranstaltungen organisiert, darunter Schwarzwaldfahrten mit historischen Zügen, Bahnhofsfeste und sogar simulierte Feuerwehreinsätze mit historischen Fahrzeugen. Mehr dazu auf https://www.3seenbahn.de

Leerfahrt mit Langholztransportanhänger: Unimog 411 mit 32 PS, gebaut von 1959 bis 1966, auf dem Weg zum Sägewerk. Der Unimog war bereits ab 1956 mit einem 30-PS-Motor erhältlich.
Selbstverständlich waren auch Traktoren mit von der Partie, denn früher waren sie aus dem Holztransport nicht wegzudenken. Auf dem Bild ist einer der Lanz Eilbulldogs zu sehen, die bei den Holztagen dabei waren: ein D 8531 aus dem Jahr 1938 mit 35 PS.

Anlässlich der Historischen Schwarzwälder Holztage richteten die Veranstalter zwischen dem Bahnhof und dem historischen Sägewerk der Familie Volk in Immeneich einen ständigen Lkw-Verkehr ein, damit die Zuschauer an beiden Orten durchgehend etwas zu sehen bekamen. Die Baumstämme wurden immer wieder auf- und abgeladen, die Holzerzeugnisse und das Stückgut aber teilweise wohl nur hin- und hergefahren. So sollte ein reger Betrieb dargestellt werden.

Auf der Strecke zwischen Bahnhof und Sägewerk fotografiert: Mercedes L 5000 von 1949

Viele Zuschauer fuhren mit dem eigenen Fahrzeug vom Bahnhof zum Sägewerk. Da direkt vor Ort keine Parkmöglichkeit vorhanden war, wurde unweit des Sägewerks ein Parkplatz ausgewiesen. Ein stilechter Schweizer Alpenbus der Marke Berna diente als Shuttle zum Sägewerk und fuhr auch zum Bahnhof, um nicht motorisierte Zuschauer zum Sägewerk zu bringen.

Ein Schweizer Alpenwagen des Herstellers Berna mit einem Hess-Aufbau transportierte die Besucher vom Parkplatz zum Sägewerk und holte auch Fahrgäste vom Bahnhof Seebrugg ab. Der Bus vom Typ 4UPO-463-H2 wurde 1949 gebaut.
So war das damals: Schwarzwald-Idylle mit Mercedes 180, Berna-Bus und Veranstaltungsbesuchern (gegenüber vom Sägewerk)

Das Sägewerk selbst war eine absolute Sehenswürdigkeit. Veranstalter Jens Reichelt führte die Zuschauer durch die weitläufigen Räume und erklärte die Funktion der Einrichtungen, mit denen seit vielen Jahrzehnten Baumstämme auf die gleiche Weise zu Schnittholz verarbeitet werden. Die Atmosphäre in den historischen Gebäuden mit den altertümlichen Maschinen übte auf jeden Besucher eine enorme Faszination aus. Unter Begleitung und Kommentierung konnten die Besucher auch das Gatter, sowie den Besäumer in Funktion erleben und somit den ganzen Prozess vom Baum zum Brett hautnah verfolgen.

Die Besichtigung des historischen Sägewerks der Familie Volk in Immeneich allein war schon eine Reise wert.
Szene mit Fahrzeugen und Besuchern am Sägewerk in Immeneich
Magirus S 3500 am Sägewerk. Vermutlich hatte er Diesel-Kraftstoff abzuliefern.
Henschel HS 100 (Bauzeitraum 1951 bis 1961) auf dem Bahnhofsgelände in Seebrugg
Ein Lanz Bulldog von 1950 liefert Holz am Sägewerk ab. Das Modell D 9506 wurde von 1934 bis 1955 gebaut.
Der luftgekühlte Magirus S 3500, auch „Heulboje” genannt, wurde von 1952 bis 1955 gebaut und dann vom S 3500 Pluto abgelöst, der bis 1957 produziert wurde. Das auf dem Foto abgebildete Exemplar war an beiden Tagen der Veranstaltung unentwegt auf Achse zwischen Bahnhof und Sägewerk, mal mit, mal ohne Anhänger, je nach Anforderung.
Sommerliche Athmosphäre am Bahnhof Seebrugg mit Nercedes L 5000 und Diesel-Rangierlokomotive
Auf dem Weg vom Sägewerk zum Bahnhof: Mercedes LA 311 in der Nähe der Ortschaft Häusern im Hochschwarzwald
Lanz Bulldog D 9518 mit Doppelbereifung, Baujahr 1936, bei der Beladung des Anhängers
Langholztransporter ohne Holz: Den Nachläufer im Huckepack fährt es sich rasanter, Staubwolke inklusive
Schöne alte Güterwagen, hier sogar mit Bremserhaus, gibt es nicht mehr sehr viele. Am Bahnhof Seebrugg kann man sie noch bestaunen – in Originalgröße
Um das Gesamtbild abzurunden, waren auf der Veranstaltung auch einige Pkw als Dekoration unterwegs. Einer von ihnen war der Opel Olympia, Baujahr 1938, mit Holzgas-Generator. Holzgas war in den 1950er Jahren eigentlich längst ein obsoleter Kraftstoff, aber es mag noch einige Autos gegeben haben, deren Besitzer an dieser Antriebsart festhielten.
Der Magirus S 3500, auch als Rundhauber bezeichnet, verdankte seine Form dem luftgekühlten Motor. Das Fehlen des bei wassergekühlten Motoren vorne angebrachten Kühlers ließ die typische runde Haube zu.
Der robuste Hanomag R 40 wurde von 1942 bis 1951 gebaut. Es gab verschiedene Varianten, von denen insgesamt 12.130 Stück produziert wurden. Das auf dem Foto abgebildete Exemplar beeindruckte durch seine gepflegte Patina.

Die Veranstaltung zog viele Schaulustige an, die teilweise von weit her gekommen waren, um sich das Spektakel anzusehen. Einige Besucher brachten auch ihre Nutzfahrzeug-Oldtimer mit, ohne direkt an der Veranstaltung teilzunehmen. Fotos mancher dieser Fahrzeuge finden sich am Ende dieses Beitrags. Die Fahrzeuge der gebuchten Teilnehmer sind jedoch die eigentlichen Protagonisten. Vor dem Hintergrund der historischen Gebäude von Bahnhof und Sägewerk kommen die Nutzfahrzeug-Veteranen besonders zur Geltung. Allein deshalb hat sich die weite Reise gelohnt und wir freuen uns auf das nächste Event am Bahnhof Seebrugg im idyllischen Schwarzwald.

In einem Schuppen auf dem Bahnhofsgelände in Seebrugg wartete dieses alte Tempo-Dreirad auf seinen nächsten Einsatz. Das sorgfältig restaurierte Fahrzeug trägt noch sein Original-Kennzeichen aus der Vorkriegszeit. Das Dreirad von 1942 trägt die Typenbezeichnung A 400.
"Ponton-Mercedes“ nannte man dieses Auto mit selbsttragender Karosserie damals, als es sich 1953 von seinen Vorgängern mit separaten Kotflügeln und freistehenden Front-Scheinwerfern emanzipiert hatte. Eigentlich ist ein Ponton ein schwimmender Hohlkörper, doch die Bezeichnung passt auch zum Mercedes 180, der wirkt, als sei er aus einem Stück gefertigt.
Am Bahnhof Seebrugg wartet ein Lanz Bulldog mit 35 PS, Typ 8506, aus dem Jahr 1936 mit Langholzanhänger auf seine Beladung.

Hier noch einige Fahrzeuge, die von den Besuchern mitgebracht wurden:

Die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Murg am Hochrhein brachte ihren bis heute als Oldtimer gepflegten Opel Blitz vom Jahr 1950, der mit einem Metz-Aufbau ausgestattet war und bis 1966 im Dienst war, zum Bahnhof Seebrugg mit.
Für kurze Zeit tauchte auch ein Eicher-Schlepper auf dem Veranstaltungsgelände auf. Leider konnten wir nicht ermitteln, um welches Modell es sich handelt. Sicher ist jedoch, dass das hellblaue Kraftpaket rund 55 Jahre alt ist.
Auch ein Mercedes-Lkw der kubischen Generation war zu sehen: ein LPK 2224 (6x4) mit Aufbau als Absetzkipper. Dieses Modell wurde von 1969 bis 1974 gebaut.
Zum Abschluss noch ein seltenes Stück Fahrzeuggeschichte: Der Bührer-Industrietraktor vom Typ FFD-6/10 aus dem Jahr 1963 kam aus der Schweiz in den Schwarzwald. Das Foto entstand in der Nähe des Sägewerks in Immeneich. Die Schweizer Bührer Traktorenfabrik AG stellte von 1929 bis 1978 eigene Traktoren her. Eine Website mit vielen Fotos von Bührer-Modellen findest du hier.

Erwähnt sei noch, dass der Veranstalter Jürgen Danner in der Lkw-Oldtimerszene seit Jahren bekannt ist durch seine Themenveranstaltungen „Historischer Containerumschlag und allgemeiner Güterverkehr im Hamburger Hafen“. Zweimal im Jahr werden auch hier Fahrzeuge, Geräte, Ladung und sogar die Teilnehmer nicht nur in Aktion, sondern auch in historisch passender Kleidung gezeigt. Mehr dazu gibt es auf https://www.ig-historischer-güterverkehr.de

Text und Fotos: Steve St.Schmidt

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