International Transtar 4300 von 1971

Weit gereist, neu lackiert und heiß verehrt

Nirgendwo in Europa gibt es so viele Lkw-Fans wie in den Niederlanden. In dem relativ kleinen Land wird nicht nur der Käse hochgehalten, auch der Lkw steht in der Gunst der Niederländer ganz oben. Kaum ein Nutzfahrzeugbetreiber lässt es sich nehmen, seine Fahrzeuge aufwendig mehrfarbig zu lackieren, und kaum ein Spediteur ist nicht stolz auf das individuelle Design seiner Lkw. Die Firma Spaansen aus dem nordholländischen Winkel ist nicht nur keine Ausnahme, sondern ein leuchtendes Beispiel für die niederländische Truck-Mentalität. Dieser Bericht von Steve St.Schmidt handelt von Ton Spaansen und seiner neuesten Errungenschaft, einem International Transtar 4300 Conventional, Baujahr 1971.

Die Brüder Arie und Ton Spaansen sind in den Niederlanden nicht nur für ihre Sammlungen von Lkw-Oldtimern und ihre privaten Nutzfahrzeugmuseen bekannt. Beide haben sich inzwischen zur Ruhe gesetzt, aber ihre Aktivitäten sind ungebrochen, während die Söhne das Spaansen-Firmenimperium weiterführen. Arie widmet sich seit vielen Jahren vor allem der deutschen Marke Henschel und präsentiert in seinem Museum eine der größten Sammlungen von Lkw dieser Marke. Ton hat sich anderen Herstellern verschrieben. Neben einigen FTF-Lkw, die ihn an seine Jugend als Lkw-Fahrer erinnern, hat es ihm vor allem die amerikanische Marke International angetan, denn Vater Spaansen hatte das Unternehmen 1946 mit einem International KB-6 gegründet. Einen aufwendig restaurierten Lkw dieser Baureihe zeigt Ton in seinem Museum neben einem frühen Cab-Over-Engine-Modell der gleichen Marke. Es weist ein besonderes Merkmal auf, mit dem alle Fahrzeuge der Spaansen-Flotte ausgestattet sind: die englischsprachigen Texte über dem Kühlergrill. Schon im Jahr 1973 wurde damit begonnen, als Ton Spaansen seinen damals neuen FTF mit dem Spruch „King of the Road“ beschriften ließ, nach einem Country-Song von Roger Miller aus dem Jahr 1965.

In seinem privaten Museum präsentiert Ton Spaansen unter anderem diese beiden makellos restaurierten Lkw der Marke International: links ein früher Cab-Over-Engine von 1951 mit der Typenbezeichnung RDTC-405, daneben ein KB-6 von 1947, wie ihn sein Vater nach dem zweiten Weltkrieg angeschafft hatte.

Im Jahr 2019 besuchte Ton mit seiner Frau Ans die „Kirkham International Motor Truck Collection“ in Lethbridge im kanadischen Bundesstaat Alberta. Dort hatte George Kirkham, der Chef der Firma Southland International Trucks bereits in den 1980er Jahren begonnen, alte Internationals zu restaurieren und hält inzwischen mehr als 60 Exponate in seinem Museum bereit. Mehr Info: https://oldinternationaltrucks.com/kirkham-collection

Schon beim Betreten des Museums fiel Ton ein besonders schöner Lkw auf - ein Transtar 4300 aus den 1970er Jahren. Der große Haubenwagen hat sich sofort in sein Gedächtnis eingebrannt.

Vier Jahre später, im November 2023, entdeckte Ton Spaansen auf Facebook einen ähnlichen Lkw - einen Transtar 4300 von 1971, als Sattelzugmaschine. Das Fahrzeug wurde von Reiselt's Machine Works in Ohio zum Verkauf angeboten. Der Truck war 2020 restauriert worden, nur den Motor hatte man im Originalzustand belassen. Ton verlangte eine gebremste Vorderachse, da nicht alle US-Lkw damit ausgestattet sind. Nachdem er sich mit dem Vorbesitzer über den Preis geeinigt hatte, ließ er den Lkw und die Achse in den Hafen von Baltimore im US-Bundesstaat Maryland liefern.

Perfekt im Stil aufeinander abgestimmt: Der Transtar 4300, den Ton bei Erich Reiselt in Ohio erworben hatte, erreichte Baltimore auf einem Tieflader, der von einem Mack R 700 von 1975 gezogen wurde.

Am 2. Dezember 2023 verließ das Schiff mit Tons Truck den Hafen von Baltimore. Das Ro-Ro-Containerschiff konnte die Hafenausfahrt, die von einer mehr als 2,5 Kilometer langen, vierspurigen Autobahnbrücke überspannt wurde, gerade noch passieren. Etwas mehr als eine Woche später stürzte die mächtige Brücke ein, nachdem ein Frachtschiff einen der Pfeiler gerammt hatte. Der Einsturz forderte sechs Menschenleben und machte einen der wichtigsten Seehäfen der USA für lange Zeit unbrauchbar.

Doch zurück zum eigentlichen Thema. Am 28. Dezember kam das Schiff mit der Sattelzugmaschine über Halifax, Liverpool und Hamburg in Antwerpen an. Dort lud Sander Hoogervorst, ein Fahrer von Spaansen, den Lkw auf seinen Tieflader und brachte ihn noch am selben Tag nach Winkel, Spaansens Heimatort.

Angekommen nach langer Reise von Ohio nach Nordholland: Der International Transtar 4300, das neue Sammelstück auf dem Spaansen-Betriebsgelände in der Ortschaft Winkel

Es folgte sogleich eine kurze Fahrt mit dem Kollegen Klaas Poutsma, um den Turbo des 335 PS starken Cummins-Diesels pfeifen zu hören, und mit dem Fuller Road Ranger 13-Gang-Getriebe ein paar saubere Schaltvorgänge vorzunehmen.

Der Sattelschlepper war nach seiner Restaurierung in den USA durchaus in gutem Zustand, nur den Cummins-Dieselmotor hatte man äußerlich unbehandelt belassen.

Gleich im neuen Jahr begannen Ton und Klaas, den 335 PS starken Cummins-Motor von allen Anbauteilen zu befreien, um ihn zu restaurieren und zu lackieren. Rohre und Schläuche wurden ersetzt oder neu angefertigt, und als der alte Diesel wieder aufgemöbelt war, sah er fast wie neu aus.

Die Aufnahmen des Motors von beiden Seiten zeigen das Aggregat nach erfolgter Lackierung und Ausstattung mit neuen Anbauteilen, Rohren und Leitungen.

Nach einigen Überlegungen - ja oder nein - entschied sich Ton, das gesamte Fahrzeug in den für Spaansen-Lkw typischen Farben neu zu lackieren. Zwei verschiedene Rottöne mit cremefarbenen Akzenten und dem Spaansen-Schriftzug in Blau gaben dem 53 Jahre alten International das gewünschte Erscheinungsbild. Zum Schluss wurden Goldstreifen über die Farbkanten geklebt, denn so haben International-Trucks die Fabriken in Amerika verlassen. Bewundernswert, wie sich die Firma High Lights aus Winkel, die auch sonst alle Spaansen-Fahrzeuge lackiert, um dieses besondere Sammlerstück gekümmert hat. Mehr Info: https://www.highlightsreklame.nl/

Bei der Firma High Lights war die mehrfarbige Neulackierung der Sattelzugmaschine erfolgt, danach wurden verschiedene neue Teile angeschraubt, rechts oben Ton Spaansen, darunter Klaas Poutsma bei der Befestigung der Rückspiegel.

Nun waren einige neue Anbauteile wie Stoßdämpfer und Bremskraftverstärker an der Reihe. Auch neue Außenspiegel und ein makelloser Kühlergrill wurden montiert. Die neuen hinteren Kotflügel kamen von Dave de Wit von der Firma Jan de Wit aus Callantsoog, einem Betrieb, der auf den Import von amerikanischen Trucks und Teilen spezialisiert ist und auch repariert und restauriert. Mehr Info: https://www.chopperdokter.nl

Detailaufnahmen: Lenkrad mit Armaturenbrett, Türverkleidung mit International-Emblem, hintere Tandemachse mit neuen Kotflügeln und ein Schild der American Truck Historical Society am seitlichen Lufteinlass.

Der Innenraum des Fahrerhauses wurde nicht nur restauriert, sondern auch mit hochwertigen Zierteilen versehen. Ein Beispiel dafür sind die Türverkleidungen mit eingearbeiteten International-Emblemen.

Zum Aufsatteln bereit: der fertig restaurierte und neu lackierte Transtar 4300 von Ton Spaansen

Als Ton und Klaas den Transtar 4300 fertig aufbereitet hatten und alles zusammengebaut war, lud Sander Hoogervorst, Vorsitzender des US Truck Collectors' Clubs, Ton ein, sein neues Schmuckstück zu präsentieren. Die Clubmitglieder kamen mit ihren Peterbilt-, Kenworth- und Western Star-Trucks zum Barbecue und staunten über die seltene Zugmaschine. Denn trotz der vielen US-Truck-Enthusiasten in den Niederlanden gibt es nur sehr wenige Besitzer von Fahrzeugen der Marke International.

Richtig komplett ist eine Sattelzugmaschine natürlich erst mit passendem Auflieger
Und noch ein Foto, etwas mehr von der Seite: Transtar 4300 mit einem nagelneuen Kippsattel-Auflieger des belgischen Herstellers Stas
Ton Spaansen, der glückliche Besitzer, im Fahrerhaus seines neuen Sammelstücks. Wir wünschen ihm viel Spaß mit dieser Errungenschaft!

Dabei nimmt die International Harvester Company (IHC) zweifellos einen wichtigen Platz in der Geschichte der amerikanischen Nutzfahrzeuge ein. Das Unternehmen wurde 1902 in Chicago, Illinois, durch den Zusammenschluss mehrerer Landmaschinenhersteller gegründet. Schon bald begann der Konzern, auch Lastwagen zu bauen. In den 1960er Jahren war International der größte Lkw-Hersteller in den USA, schwärmt Ton. Er erklärt, dass 1966 insgesamt 182.000 Lkw die Fabriken der International Harvester Company verließen. Zu dieser Zeit erreichte das Werk in Springfield eine Spitzenproduktion von 450 Lkw pro Tag. Im Durchschnitt wurden täglich 420 Einheiten produziert, was vor allem auf die Einführung des Typs Loadstar zurückzuführen war. In den folgenden Jahrzehnten ging es jedoch bergab, bis schließlich alle Geschäftsbereiche verkauft wurden, mit Ausnahme der Nutzfahrzeugsparte, die ab 1986 unter dem Namen Navistar International weitergeführt wurde. Heute ist International die Nummer 2 bei den Lkw der US-Klasse 6/7 und die Nummer 4 in der Klasse 8.

Der International Transtar der Typen 4200 und 4300 wurde von 1971 bis 1985 gebaut. Der Prospekttitel links ist vom Februar 1973, der rechte ist nicht datiert und stammt vermutlich aus den frühen Achtzigern. Unterschiede sind beim Design der Frontscheinwerfer zu sehen.