Die Volvo-Chronik
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Von Christoph Büch (Berlin 2024)
1973 stellte Volvo mit einer völlig neuen N-Baureihe einen Ersatz für die in die Jahre gekommen Hauber N 86 und N 88 vor. Technisch waren die Vorgänger zwar auf der Höhe der Zeit, aber die Kabine stammte noch aus den fünfziger Jahren. Die neuen Lastwagen der Typen N 7, N 10 und N 12 erhielten eine kompakte Kunstoffhaube, die zu Wartungszwecken komplett nach vorne gekippt werden konnte. Für Sicherheit sorgte die geschützte elektrische Anlage im Kabinenbereich. Neu waren auch ein robuster Rahmen und optional eine angetriebene Doppelachse. Damit war der Hauber speziell für harte Arbeitseinsätze in Asien, Afrika und Südamerika geeignet.
Die schwedische Armee erhielt in den siebziger Jahren ein neu konzipiertes leichtes Geländefahrzeug als Nachfolger des „Laplander“, das auch für zivilen Gebrauch verfügbar war. Neu entwickelte Portalachsen sorgten für die nötige Geländetauglichkeit, Antriebsquelle war ein Sechszylinder-Benzinmotor. Von 1974 bis 1979 wurden insgesamt 8718 Fahrzeuge der Serie C 300 in 4x4- und 6x6-Ausführung hergestellt.
Volvo im Viererclub
Für die Entwicklung einer neuen Modellgeneration in der Mittelklasse schloss sich Volvo 1971 mit den Herstellern DAF, Magirus und Saviem zum "Viererclub" zusammen. Das Konzept versprach Vorteile für alle Beteiligten, da die mittelschweren Fahrzeuge der vier Hersteller nahezu ausschließlich auf den jeweiligen Heimatmärkten angeboten wurden, also nicht miteinander konkurrierten. 1974 und 1975 erschienen die ersten Modelle. Fahrerhaus und Bremsanlage waren bei DAF, Saviem und Magirus gleich. Volvo verstärkte die Kabine, um den schwedischen Aufprall-Bestimmungen gerecht zu werden. Im Bereich der Motoren, Getriebe, Achsenantriebe sowie bei der Innenausstattung unterschieden sich die Fahrzeuge. Auch die Grillgestaltung wies bei jedem Hersteller individuelle Merkmale auf.
Bei Volvo hießen die Viererclub-Modellreihen F4 für 5,5 bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht und F6 für 9,0 bis 13,5 Tonnen. Die zur Verfügung stehenden Dieselmotoren leisteten 80 bis 180 PS. Als kleinsten Diesel bot Volvo einen Perkins-Vierzylinder mit 3,86 Litern Hubraum an. Auch ein ZF-Fünfgang-Getriebe war im Angebot. Von 1975 bis 1986 entstanden mehr als 45.000 Viererclub-Fahrzeuge bei Volvo. Ab 1976 wurden sie auch in die USA exportiert, denn die amerikanischen Hersteller hatten keine kompakten Frontlenker mit Dieselmotoren im Angebot, um der damals weltweit herrschenden Energiekrise zu begegnen. Beträchtliche Stückzahlen gingen auch nach Frankreich und in den Benelux-Raum. Die zunehmende Konkurrenz zu Saviem und DAF führte allerdings dann doch dazu, dass Volvo im Jahr 1985 den Viererclub verließ und eigenständig einen neuen Mittelklasse-Lkw entwickelte.
Kubische Generation und F7
Als Nachfolger der in die Jahre gekommenen Modelle F 88 und F 89 stellte Volvo 1977 die Modelle F 10 und F 12 vor. Das kubisch geformte Fahrerhaus war nach ergonomischen Erkenntnissen konstruiert. Es war mit Schraubenfedern gegen Vibrationen und Stöße ausgerüstet und enthielt als erstes eine integrierte Klimaanlage, zunächst optional, später serienmäßig. Die Motoren leisteten 280 und 330 PS. Verschiedene Getriebe und Übersetzungen standen zur Verfügung, etwa das bewährte 16-Gang-Getriebe neben einem neu entwickelten 12-Gang-Getriebe mit Kriechgang.
1978 erfolgte die Ablösung der Modellreihe F 86. Dazu kooperierte Volvo mit Renault, denn auch die Franzosen arbeiteten damals an einem neuen Mittelklassemodell. Das Resultat war ein großer Bruder des Viererclub-Fahrerhauses. Man nutzte dessen Seitenteile, verbreiterte und verlängerte aber die Kabine unter Beibehaltung der Stilelemente. Bei Volvo hießen die neuen Modelle F6 S und F7. Zwei Motorversionen TD 60 mit 180 PS und TD 70 mit 212 PS standen zur Verfügung. Vor allem in Großbritannien wurde der F7 in den Jahren von 1978 bis 1983 zunehmend mit maximalem Gewicht eingesetzt, was zur Entwicklung eines Langstrecken-Fahrerhauses mit Schlafkoje führte. Durch das Verlangen der Kunden nach mehr Leistung kam es zur Einführung des Turbos mit integrierter Ladeluftkühlung, genannt Intercooler. Beim 6,7-Liter-Intercooler erzielte dieses Verfahren eine Leistungssteigerung auf 245 PS. Das einfache funktionelle Design, das niedrige Gewicht in Verbindung mit dem leistungsstarken und sparsamen Intercooler-Diesel führte 1979 zur Wahl des F7 als „Lkw des Jahres“ durch eine internationale Fachjury. 1983 änderte sich das Erscheinungsbild geringfügig: Die F7-Plakette wanderte von der Mitte des Kühlergrills in die rechte untere Ecke und die Stoßstange wies nun zwei Abschlepp-Ösen auf statt einer.
Von 1978 bis 1986 wurde der F7 in 35.540 Exemplaren produziert. Dazu kamen 9.736 Einheiten des kleineren F6 S, die überwiegend in Skandinavien blieben. Die Intercooler-Technik kam auch dem F 12 zugute, dessen großer Sechszylinder mit 12 Litern Hubraum in der ladeluftgekühlten Variante nun 360 PS leistete. In den Folgejahren wurde diese Technik bei allen Motoren eingeführt.