Die Scania-Chronik

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Von Christoph Büch und Steve St.Schmidt (Berlin 2023)

Next Generation ab 2016:
Komplett neues Design

2016 erschien eine komplett neu gestaltete Scania-Generation. Am 23. August wurde sie im Grand Palais in Paris offiziell vorgestellt. Zur Markteinführung gehörten ein neues R-Fahrerhaus und das völlig neue, 3,90 Meter hohe S-Fahrerhaus mit einem ebenen Innenboden. Weitere Fahrerhausvarianten der neuen Generation wurden zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt. Die Typenbezeichnungen nach dem bisherigen Schema behielten ihre Gültigkeit. Henrik Henriksson, Präsident und CEO von Scania, stellte die neue Baureihe gemeinsam mit Christian Levin, Executive Vice President Marketing, vor. 1200 Gäste der Transportbranche aus 70 Ländern waren angereist, um im Grand Palais des Beaux-Arts im Zentrum von Paris der größten Produkteinführung in der 125-jährigen Geschichte von Scania beizuwohnen.

Die Next Generation 2016 stellte einen kompletten Neuanfang in der Modellgeschichte von Scania dar. Vor allem das neue, fast vier Meter hohe S-Fahrerhaus mit absolut ebenem Boden sorgte für Aufsehen. Mit einer perfekten Lackierung wie bei dem hier abgebildeten S 500 des niederländischen Futtermittelhändlers Van Triest aus Hoogeveen ist die New Generation eine wahre Pracht.

Seit 2010 hatten die Ingenieurinnen und Ingenieure von Porsche Engineering beim Projekt Next Generation ihre Erfahrungen und Kompetenzen aus der Automobil-Entwicklung in den Bereichen Leichtbau und Verbrauchsreduzierung bei Scania eingebracht. Schwerpunkte der Zusammenarbeit waren neben dem Scania-typischen Styling die Verbesserung der Funktionalität sowie die Optimierung der Entwicklungs- und Produktionsprozesse.

Das im Windkanal entwickelte Design, erkennbar an den abgerundeten Konturen, sollte den Verbrauch der Next Generation um zwei Prozent senken. Modifikationen am Motor mit neuen Einspritzdüsen und Ladeluftkühlern sollten weitere drei Prozent Einsparung bringen. Die neuen Fahrerhäuser boten mehr Platz und eine neue Innenausstattung.

R 500 in den Niederlanden mit extrem langer Ladung: einem Windradflügel. Das Transportunternehmen Koninklijke Van der Wees aus Dordrecht ist auf Schwertransporte zu Wasser und zu Lande spezialisiert.
Flaggschiff der Next Generation ist die Serie S mit hohem Fahrerhaus. Der hier abgebildete S 450, in Deutschland fotografiert, gehört zum Fuhrpark der spanischen Firma Transportes Cabrera aus Huércal-Overa in der Provinz Andalusien.

Seit 2017 ist das Fahrerhaus in unterschiedlichen Abmessungen auch für die G- und P- Modelle erhältlich. Die Innenhöhe variiert dabei von 1,50 bis 2,07 Metern.

Tanksattelzug mit mittelhohem G-Fahrerhaus auf der Fahrt durch den nordwestlichen Teil Deutschlands.
Kofferwagen mit P-Fahrerhaus in Polen fotografiert

Zum Ende des Jahres 2017 wurde die Low-Entry-Version mit der Bezeichnung L-Serie ins Programm aufgenommen, nachdem kurz vorher die neue Baureihe XT für robuste Einsätze erschienen war. Gegenüber dem Standardmodell verfügt der XT über einen Stoßfänger aus Stahl, darunter ein Schutzschild. Verstärkte, gerippte Rückspiegel ersetzen die serienmäßigen Seitenspiegel. Analog zum normalen Scania-Fahrzeugprogramm sind viele Fahrgestell- und Motorenkombinationen möglich. Auf Wunsch sind ein elektronisches Bremssystem (EBS) mit Scheiben- oder Trommelbremsen, neue Doppelquerlenker-Parabelfedern vorn, vergrößerte Radkästen für größere Rad-Reifen-Kombinationen sowie zwei verschiedene Auspuffvarianten in stehender Ausführung erhältlich. Der XT kann auch mit einem Infotainmentsystem mit Touchscreen ausgestattet werden.

Unterwegs im Berliner Stadtverkehr: Entsorgungsfahrzeug mit Low-Entry-Fahrerhaus der Serie L
Die XT-Baureihe von Scania hat „viele Gesichter“. Der hier abgebildete S 520 XT, Baujahr 2020, ist in den Niederlanden bei der Brunnenentwässerung und Pumpenvermietung Leendertse in Sassenheim im Einsatz.
Der Vierachser vom Typ G 540 XT auf diesem Scania-Pressefoto aus Schweden ist mit dem G-Fahrerhaus und einer Kippmulde des polnischen Aufbauherstellers KH-Kipper ausgestattet.
Kolossaler Auftritt auf der IAA 2023: Bergungsfahrzeug des deutschen Unternehmens NNH Niedersächsischer Nutzfahrzeughandel GmbH aus Deensen. Das Basisfahrzeug ist ein Scania R 770 XT, der Aufbau stammt vom EMPL Fahrzeugwerk aus Kaltenbach, Österreich.

Seit 2019 bietet Scania in ausgewählten Lkw-Modellen Dieselmotoren einer neuen Generation an. Bereits zwei Jahre zuvor war neben einer Version mit komprimiertem Erdgas (CNG) auch eine Version mit verflüssigtem Erdgas (LNG) erhältlich.

Ende 2021 wurde mit dem Scania Super eine völlig neue Motorengeneration vorgestellt, in die fünf Jahre Entwicklungsarbeit und mehr als zwei Milliarden Euro investiert wurden. Der neue 13-Liter-Motor verspricht höchste Kraftstoffeffizienz, Kompatibilität mit Biokraftstoffen und eine CO2-Reduzierung in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Der neue Euro 6-Motor ist zunächst in vier Leistungsstufen erhältlich: 420, 460, 500 und 560 PS. In Kombination mit den neuen Scania Opticruise-Getrieben G25 und G33, die 2020 eingeführt wurden, und der neuen Hinterachskonstruktion von Scania sollten Kraftstoffeinsparungen von bis zu 8 Prozent in Anwendungen wie dem Stückgut- oder temperaturgeführten Transport möglich sein.

2023 wurde die batterieelektrische Stadtlieferwagen-Serie L umfassend aktualisiert. Zu den Neuerungen gehören ein E-taugliches Fahrgestell, neue Assistenzsysteme und die bei Scania nachhaltig produzierten Batterien von Northvolt, die hohe Flexibilität im Verteilerverkehr, bei der Müllabfuhr oder im Baugewerbe bieten. Ihr Ladeverhalten erlaubt wiederholtes Laden bis zu 100 Prozent ihres Ladezustandsfensters (SOC) ohne Beeinträchtigung der Lebensdauer. Möglich wird dies durch eine lineare Ladekurve, dank der sie bei nahezu voller Ladung genauso schnell geladen werden wie bei leerer Batterie. Ein weiterer Vorteil ist der CO2-Fußabdruck, der bei einer herkömmlich hergestellten Zelle etwa dreimal so groß ist.

Vorgestellt wurde auch der EM C1-4, ein Elektroantrieb, der einen Permanentmagnetmotor und ein Vierganggetriebe in einer Einheit vereint. Dieses Aggregat soll die beliebteste Antriebsvariante von Scania werden. Er ist in fünf Leistungsstufen erhältlich: 270, 300, 330, 360 und 400 kW.

Auf der IAA in Hannover im Herbst 2022 gab Scania bekannt, dass von nun an jedes Jahr mindestens eine neue E-Mobility-Lösung auf den Markt kommen und bis 2030 die Hälfte des gesamten Fahrzeugabsatzes elektrifiziert sein würde.

Die letzten vier Bilder dieser Scania-Chronik stammen von der IAA 2022 und zeigen verschiedene Elektrofahrzeuge des schwedischen Nutzfahrzeugherstellers: Oben das Modell 25 L mit Low-Entry-Fahrerhaus und Aufbau als Entsorgungsfahrzeug, darunter ein Elektrokipper vom Typ 25 P mit Schwarzmüller-Aufbau.
Das obere Foto zeigt einen elektrisch angetriebenen Dreiachser des Typs 25 P mit Abrollmulde, mit dem die IAA-Messebesucher Probe fahren konnten. Unten die Elektro-Sattelzugmaschine 45 R mit bis zu 350 Kilometern Reichweite im Regionalverkehr.

Aktuell werden bei Scania neben Fahrzeugen mit optimierten Verbrennungsmotoren und Elektrofahrzeugen auch Plug-In-Hybride und Fahrzeuge mit Gasmotoren angeboten. Das Programm gliedert sich in die Serie L für Ballungsgebiete, die Serie P für Regionalverkehr, die Serien G und R für Verteiler- und leichten Fernverkehr, die Serie S für den klassischen Fernverkehr, sowie die Serie XT für die Bauwirtschaft.

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine erklärte Scania 2022 das Ende seiner Geschäftstätigkeit in Russland. Gegen das Land wurden Sanktionen und Exportbeschränkungen verhängt. Im März stoppte Scania die Lieferung von Lkw und Ersatzteilen nach Russland und stellte die Produktion in St. Petersburg ein. Scania kündigte den Verkauf seiner Vermögenswerte in Russland für 560 Millionen US-Dollar an. MAN Truck & Bus SE und Scania AB haben ihre Vermögenswerte in Russland an lokale Partner verkauft, während Scania auch sein russisches Finanzierungsgeschäft veräußert hat. Das Unternehmen kündigte an, dass alle Transaktionen im ersten Quartal 2023 abgeschlossen sein würden.


Quellenverzeichnis:

Die deutschen Jahreskataloge „Lastauto-Omnibus“ von 1971 bis 2018, Motorbuch-Verlag, Stuttgart.

Kaj Sandell, Bo Streiffert: Scania-Parade; Södertälje 1990.

Björn-Eric Lindh: Die Fahrzeuge von Scania 1891 - 1991; Motorbuch Verlag Stuttgart 1992.

Kam Sandell, Bo Streiffert: Scania 100 Jahre 1891 - 1991; Streiffert Bokförlag Stockholm 1991.

 

Weblinks:

http://www.smwh.se

https://en.wikipedia.org/wiki/Vabis

https://lkw-infos.eu/hersteller/index.php/home/scania/17-scania/445-scania-infos

https://www.lkw-infos.eu/archiv/lkw_scania.html

http://www.gabrielegaleotti.it/htm/recensioni%20Scania%20142H_version2.html

https://wiki.edu.vn/wiki15/2020/11/19/scania-ab-wikipedia/

https://en.wikipedia.org/wiki/Scania_PRT-range

https://en.wikipedia.org/wiki/Scania_PRT-range#External_links

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